Das Graffiti im Behandlungszimmer ist nicht die einzige Besonderheit in dieser Klinik. "Gesundheit ist Menschenrecht", hat jemand über die Behandlungsliege gesprayt – ganz diesem Motto folgen die knapp 50 Ärzte, die in einem altertümlichen Bürohaus in der Athener Innenstadt die "Athener soziale Solidaritätsklinik und Apotheke" managen. Gratisbehandlung, genossenschaftlich organisiert.
Der Frauenarzt Giorgos Aristopoulos hat sein gutes Deutsch in einem Dortmunder Krankenhaus gelernt; seit seiner Pensionierung arbeitet er für "Solidarity4all", die alle 12 Athener Solidarkliniken betreibt. Einen Nachmittag pro Woche behandelt und berät er kostenlos vor allem Schwangere – Patientinnen, die wie drei Millionen anderer GriechInnen aus der staatlichen Krankenkasse ausgeschlossen wurden, weil sie die Beiträge schuldig bleiben mussten und jetzt jede Behandlung, jede Beratung bis hin zur Entbindung vorab und cash bezahlen müssen. Was sie regelmäßig nicht können.
Mieten wie auch andere Verbraucherpreise liegen mindestens auf mitteleuropäischen Niveau, häufig auch darüber, während die Monatslöhne in Griechenland mittlerweile bei durchschnittlich 500 Euro stagnieren, ein Lehrer verdient 800 Euro pro Monat. Ein Liter Milch im Supermarkt kostet 1,60 Euro, Obst genau so viel wie hierzulande, ein Liter Sprit sogar 1,70, das U-Bahn-Billett in Athen 2,10.
30 Sozialkliniken mit kostenloser Behandlung
"Ohne unsere Sozialkliniken", weiß Giorgos Chondros von der Linkspartei Syriza, der uns begleitet, "wären diese Frauen, aber auch viele chronisch Kranke, hilflos." Ein Dutzend solcher Kliniken finanziert Solidarity4all allein in der griechischen Hauptstadt, mehr als doppelt so viele im Norden rund um Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt des Landes.
'Klinik' ist schamlos übertrieben. Gerade mal zwei Büros auf zwei Stockwerken mit insgesamt 140 Quadratmetern sind für 700 Euro pro Monat angemietet – drei Behandlungsräume für Ärzte und Zahnärzte, eine Rezeption, in der sich schon mittags 30 Menschen auf 20 Quadratmetern und bis hinaus ins Treppenhaus drängen, eine gänzlich überfüllte Apotheke: voll gestopft mit Medikamenten und medizinischen Geräten, gespendet aus ganz Europa.
6 Kommentare verfügbar
Rainer Löhle
am 26.07.2014""Wir Griechen werden versklavt, während *die Vermögenden im Land* und in Europa ungestraft davonkommen."
oder
"Dass die Nea Dimokratia (CDU) und PASOK (SPD) durch und durch korrupt sind - also noch schlimmer als hier - und die Oberschicht (damit sind übrigens "die…