Einmal am Tag verlässt das kleine Schaf Ole die Schafherde, um seinen besten Kumpel zu besuchen. Auch an diesem sonnigen Freitag trabt es schnurstracks auf Ori zu, den Hofhund, und rollt sich neben ihm in den Schatten wie ein pelziger, weißer Donut. "Die haben sich angefreundet", erzählt Gitta Haas mit einem Lachen, sie ist die Chefin des Lebenshofs Tierlieben in Ammerbuch zwischen Tübingen und Herrenberg. Das Lamm haben sie selbst aufgezogen, mit der Flasche, weil die Mutter es nicht angenommen hat und der Schäfer keine Zeit hatte, das Baby alle zwei Stunden zu füttern. "Wir haben schon echt viele Schafe mit der Flasche aufgezogen", sagt Gitta Haas, und sie so vor dem sicheren Tod bewahrt. Hinter ihr drängen die Tiere neugierig durch ein offenes Tor und knuspern erst mal ein paar saftige Brennnesseln weg.
Angefangen hat die gelernte Ergotherapeutin mit Zwerghühnern im Garten. Bis eine Freundin ihr einen Hühnerstall spendierte – für ausgestallte Legehennen. Heute bewirtschaftet sie gemeinsam mit Mann, Sohn, Praktikant:innen und Ehrenamtlichen etwa sechs Hektar Land mit Weiden, Ausläufen, Ställen, einer Jurte mit Feuerstelle und rund 80 Tieren – Pferde, Schweine, Schafe, Ziegen, Rinder, Katzen, Hunde, Kaninchen. Die Hühner seien das verbindende Element des Lebenshofs Tierlieben, weil sie überall herumlaufen dürfen, erzählt David Haas, der Sohn. "Jedes Huhn hat seine ganz eigene Persönlichkeit", sagt er. "Die bauen richtige Beziehungen auf." Ein paar der Hühner sind von einer Schulklasse. Die hatte als Projekt Eier ausgebrütet und wollte die Küken eigentlich wieder zum Hühnerhof bringen, brachte es dann aber doch nicht übers Herz, dass die flauschigen gelben Knirpse gemästet und geschlachtet worden wären. Mittlerweile leben diverse Hähne auf dem Hof, die keiner mehr haben wollte, Hühner, die gefunden wurden, Moritz, Betzi, Fee, Frau Mayer und Frau Müller: Die braun-weiß gefiederte Henne hatte in ihrem früheren Leben das Glück, als einziges Tier einen Fuchsangriff überlebt zu haben. Einmal, berichtet Gitta Haas, nahmen sie ein Huhn mit drei Brustbeinbrüchen auf. "Das ganze Calcium geht bei Legehennen in die Eier", erklärt sie. "Da bleibt wenig übrig für die Knochen."
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