Wo es denn hier zu den Taxis gehe, die standen doch immer hier, fragt eine Frau mit Rollkoffer und zeigt auf den abgesperrten Bahnhofsvorplatz. Keine Taxis mehr. Stattdessen ein Kran, viele Zäune, eine Menge Absperrbänder, die wichtig im Wind flattern. Oben an der Fassade des Bonatzbaus fehlen Steine, die sind kürzlich rausgebrochen und 15 Meter in die Tiefe gefallen, das Ganze sieht aus, als habe ein Riese mal vom Gebäude kosten wollen. Die Taxis stehen jetzt in der Mitte der Hauptstraße vor dem Bahnhof, die aber, weil auch gesperrt, nur noch über einen Übergang zu erreichen ist, der sich ziemlich weit weg befindet. Die Frau schirmt die Augen ab, blickt in die Ferne. Furchtbar sei das hier, "ganz furchtbar!"
Wo mal der Eingang ins Hauptgebäude und zu den Gleisen war, ist jetzt Sperrzone. Unter anderem, weil im Inneren (sehr bald "moderne Mobilitätszentrale und urbaner Treffpunkt") zwei neue "lichtdurchflutete Ebenen" entstehen sollen. Aber bis da Licht flutet, sind die Fahrgäste gekniffen – oder auf dem Weg von der U- oder auch S-Bahn zu den Zügen verhungert. Denn wer zum Zug will oder vom Zug kommt, latscht zum Anschlussverkehrsmittel locker zehn Minuten. Immer schön rum um das Mega-Loch in Stuttgarts Mitte, das mal der neue Bahnhof werden soll.
Es empfiehlt sich festes Schuhwerk. Je nach Wetterlage Outdoor-Bekleidung, denn der Weg ist ein langer und meist nicht überdacht. Auch Fitness sollten BahnfahrerInnen derzeit mitbringen, und Trittsicherheit kann wegen des teils weglosen Geländes nicht schaden. Gehbehinderung oder Alter dagegen sollten möglichst nicht vorhanden sein.
Zu den Gleisen ist am Nordausgang "kein Durchgang". Stattdessen stehen dort zwei junge Studenten, "Baustellen-Buddies", die bei "kein Durchgang" ihre Ferien verbringen und Verwirrte und Verirrte aller Art auf den richtigen Pfad lotsen. "Zum Zug? Zur S-Bahn?" Kürzlich, erzählt einer der beiden, sei eine "Oma" vorbeigekommen, die aus Verzweiflung "allen eine reinhauen wollte". Es ist nicht immer das Beste, was Baustellen im Menschen hervorbringen.
2 Kommentare verfügbar
Claudia Heruday
am 18.10.2021