Zwischen ein paar Stolperschritten kommt mir hin und wieder der Gedanke, der Kolumnentitel "Auf der Straße" sei anmaßend. Er verspricht nicht gerade wenig. "Auf der Straße" erinnert an Lastwagenfahrer, an Rock 'n' Roller und überfahrene Katzen. Auf der Straße bist du, wenn du deine überteuerte Wohnung verloren hast oder dein FDP-geimpfter Chef dich rausgeschmissen hat. Auf der Straße gehst du, wenn du von dem Gelaber über "Ampel-Koalition" und "Jamaika-Koalition" die Schnauze voll hast. "Auf einer geteerten Straße kann man den richtigen Weg nicht finden", hat der Jamaikaner Bob Marley gesagt und damit nicht unbedingt eine beschissene deutsche Autobahn gemeint.
Keine Angst, ich habe nicht vor, dem Mythos der Straße zu verfallen, nicht im Sinne von Jack Kerouac, der uns alles über den "On the Road"-Traum erzählt hat: "Nichts hinter mir, alles vor mir, wie immer auf der Straße."
In meinem Alter habe ich mehr als nichts hinter mir und womöglich nicht mehr viel vor mir. Ich bin ein sehr unvorsichtiger Spaziergänger. Genau genommen bin ich mehr auf Gehwegen als auf Straßen unterwegs, die zunehmenden Gefahren auf den Straßen habe ich ohnehin noch nicht gespeichert. Jedenfalls nicht so, dass ich mich instinktiv oder bewusst überlebensfähig bewegen würde.
Viel zu oft gehe ich als Hanns Guck-in-die-Luft herum im Glauben, die Feinde des Spaziergängers würden sich schon rechtzeitig durch Lärm oder Gestank bemerkbar machen. Früher musste ich nicht nach links oder rechts schauen, um einen Lastwagen, einen Porsche Cayenne oder eine Harley Davidson rechtzeitig zu bemerken. Damals gab es noch keine E-Scooter und kaum Elektro-Autos und vor allem nicht so viele Radfahrer. Die tauchen heute verdammt heimtückisch, nämlich lautlos und pfeilschnell aus dem Nichts auf, und obwohl ich nichts gegen Fahrräder habe, egal ob mit oder ohne Strom-Antrieb, komme ich mir auf der Straße manchmal vor wie Tippi Hedren in Hitchcocks Film "Die Vögel". Irgendwas liegt in der Luft, und mich plagt das Gefühl, diese Fahrräder seien nicht nur Fahrräder. Vermutlich führen sie ein Eigenleben. Die Menschen im Sattel sind manipuliert von einer fremden Macht, von irgendwelchen Luftpumpen-Nazis. Sie haben es auf mich abgesehen, so wie einige dieser gottverdammten Teslas, die schwerer und schneller auf dich zuschießen als Panzer. Da hilft dir keine Ampel-Koalition.
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