Das Ehepaar aus Heidelberg ist enttäuscht. Schon länger hätten sie sich vorgenommen, Peter Lenks Stuttgart-21-Denkmal vor Ort anzuschauen, wegen Corona aber immer wieder gezögert. Nun, für diesem Samstag, den 26. Juni, hatten sie sich endlich ein Herz gefasst – und jetzt ist er weg, der Lenk. Nun, noch nicht ganz. Der Sockel steht noch, und auf dem Boden liegen die in Einzelteile zerlegten Figuren auf übergroßen Holzpaletten, werden von mehreren Arbeitern für den Transport gesichert.
Schade, finden die beiden Heidelberger Fans. Doch immerhin haben sie so die Gelegenheit, mit dem Künstler selbst ein wenig zu plaudern, denn Peter Lenk ist natürlich da und überwacht alles. Und sie können auch aus nächster Nähe einen Blick auf Winfried Kretschmanns Gemächt werfen. Denn der Ministerpräsident, gegossen aus mit Epoxidharz gebundenem Kalkstein, liegt ausgestreckt am Boden, und das sonst seine Blöße verdeckende Feigenblatt wurde vor dem Transport entfernt – das dritte übrigens schon, denn zwei wurden in den vergangenen Monaten von unbekannten Strolchen entwendet – was Lenk schon im Vorhinein geahnt und deswegen Feigenblätter in Reserve angefertigt hatte. Es waren die einzigen Akte von verhaltenem Vandalismus, die dem Denkmal in seiner achtmonatigen Zeit vor dem Stadtpalais widerfuhren, was angesichts der nach jedem Wochenende auf der Eingangstreppe nebenan zu bestaunenden Bier-, Wein- und Spirituosenflaschenbatterien durchaus bemerkenswert ist.
5 Kommentare verfügbar
D. Hartmann
am 04.07.2021In der heutigen Welt kann dies sogar ein Standortnachteil sein. Nur mal so gesagt, auch wenn „die Wirtschaft“ bei mir nicht die Priorität hat wie in „der Politik“.