"Damit nichts verloren geht", heißt es auf der Website des baden-württembergischen Landesarchives, wo historische Schätze vor Vergessenheit und Zerfall bewahrt werden. Doch aller ehrenwerten Ambitionen zum Trotz: Dass Zeugnisse der Geschichte abhanden kommen, ist wohl schlechterdings unvermeidbar. Einige der verlorenen haben immerhin das Glück, wieder aufgefunden zu werden. So haben die Werke eines Mannes, der mit seinen Fotografien den Grundstock für das Landesbildarchiv der 1920er-Jahre geliefert hat, viele Jahrzehnte in einer Holzkiste auf ihre Bergung gewartet. Aktuell sind die Bilder von Robert Bothner, erstmals seit 40 Jahren, wieder öffentlich zu besichtigen, in seiner Heimat Botnang, wo es im Bezirksamt noch bis zum 10. März eine kleine Ausstellung gibt.
Die Auswahl der Motive hat Bothner, Fotografenmeister und langjähriger Mitarbeiter der württembergischen Bildstelle, selbst zusammengestellt. "Das muss kurz vor seinem Tod gewesen sein", erzählt Waldemar Grytz, der die Ausstellung ermöglicht hat. Der stellvertretende Vorsitzende der Naturfreunde in Württemberg erzählt, dass es dem Einsatz der Fotogruppe Untertürkheim zu verdanken ist, dass die Sammlung nicht entsorgt wurde, nachdem sie lange Jahre im Keller der Geschäftsstelle lag. Für die Ortsgeschichte – nicht nur die Botnanger, sondern auch die Stuttgarter und Heilbronner – ist der Erhalt ein Glücksfall: Denn die Fotografien zeigen nicht nur Stadtbilder, die sich radikal gewandelt haben. Bothner war bei seiner Arbeit stets bemüht, "die Wirklichkeit so abzubilden, wie sie sich ihm darstellte", wie es in der 33. Ausgabe der "Botnanger Heimat", erschienen im Dezember 2020, heißt, die dem Fotografenmeister gewidmet ist. Und weiter: "An seinem Leben und Werk lässt sich sehr gut zeigen, welche gegenwärtigen Fragen und Probleme bereits zu seiner Zeit verhandelt wurden."
Ein grüner Roter
So war Bothner, selbst Naturfreund, ein "grüner Roter" im bettelarmen Botnang seiner Zeit, ein politischer und sozial denkender Mensch, der sich nicht nur mit Umweltschutz auseinandersetzte, sondern auch mit bezahlbarem Wohnen und der propagandistischen Kraft, die manipulative Fotografien und Bildgestaltungen entfalten können – was es laut "Botnanger Heimat" umso bemerkenswerter mache, dass er die Welt in seinen Werken immer möglichst wirklichkeitsnah abbilden wollte. Nachdem er unter dem NS-Regime als Kriegsfotograf eingesetzt worden war, unter anderem in Russland und Frankreich, dokumentierte er ab 1945 zerstörte Städte im Südwesten. "Robert Bothner kam als Unbelasteter aus dem Krieg", heißt es in der "Botnanger Heimat". Er "blieb der Landesbildstelle treu, trotz manch verlockender Angebote aus der Privatwirtschaft" – und obwohl er in autobiografischen Texten "Jahre der Entbehrung, der Kälte im zerstörten Dienstgebäude, die Erinnerung an das Backstein schleppen, die Unterernährung" schildert.
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