Kohlmeise: III
Entschuldigung, aber ich zähle. Auf Einladung des Naturschutzbunds. Der hat mich ganz konstruktiv und ermunternd mit dem süßen Versprechen sozialer Schwarmwonnen angesprochen: "Retten wir gemeinsam ein Naturparadies." Gemeinsam? Anders als auf den meisten anderen Handlungsfeldern des an allen Ecken und Enden bedrohten Planeten klingt diese Rettung vergleichsweise einfach und bequem. Ich soll eine Stunde lang in meinem "Siedlungsraum" (Garten, Balkon, Fenster oder Stadtpark) die dort beobachtete Anzahl von Vögeln zählen, notieren und dann an den Nabu melden. Dafür kann ich das Online-Meldeformular nutzen oder eine App.
Und ehrlich gesagt: Ich zähle lieber auf dieser Seite der Erdkugel meine gefiederten Kostgänger in einem kleinen Garten im Landkreis Sigmaringen als auf der gegenüberliegenden Hälfte tote Kängurus, Wallabys, Kakadus und Honigfresser. Bisher geschätzt 1,25 Milliarden nach Ansage des WWF, Stand 7. Januar. Da wirst du ja mit Zählen gar nicht mehr fertig? Die App will ich sehen!
Ganz klar bin ich als Mitglied der Generation Hühnerstall-BikerInnen hier in der Pflicht. Hier. Nicht in Australien! Auch wenn ich meine ornithologische oder überhaupt Naturbeobachter-Qualifikation massiv bezweifele. Meine botanischen Kenntnisse begrenzen sich auf die Dichotomie von "Rasen" und "Rosen". Es handelt sich dabei nicht nur um die schlichte Wortbedeutung "Gabelung des Pflanzensprosses". Vielmehr bilden die beiden Kategorien das, was man in der Linguistik ein "minimales Paar" nennt. Das schmückt mich mithin ganz ungemein.
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