Lustig ist die unerwartete Nische in dem ellenlangen Krankenhausgang. Anderthalb Meter breit, geht sie drei, vier Meter ins Innere, und da hängt – ein graues Telefon. Sonst nichts. Es ist eine Erinnerung an frühere Zeiten wie so vieles in diesem 101 Jahre alten Gebäude am Ufer des Neckars in Mannheim. Hier werden mit Hilfe von 4.500 Beschäftigten jedes Jahr knapp 45.000 Patient:innen stationär behandelt, ambulant sind es knapp 170.000. Wer mit gebrochenem Arm in die Notaufnahme kommt, sollte ein 70er-Jahre-Enthusiast sein. Beige Kacheln, grünes Linoleum und lange Wege, wenn es weitergehen muss zu Behandlungen. Denn das Haus hat sich entwickelt, seit es 1922 als "Neues Krankenhaus am Neckarufer" gegründet wurde, ständig wurde an- und dazugebaut. Heute zählt der Geländeplan 43 Gebäude. Das jüngste ist die 2020 eingeweihte Kinder-Tagesklinik.
Entwicklung ist gut, doch so, wie es in den vergangenen Jahren gelaufen ist, kann es nicht weitergehen. Die Wege sind zu lang, einzelne Einrichtungen veraltet, und nicht zuletzt sind die Kosten hoch. 53,4 Millionen Euro Millionen Euro Minus verzeichnet die Gewinn- und Verlustrechnung von 2021. Das Krankenhaus ist ein Uni-Klinikum, und bei allen anderen Unikliniken im Baden-Württemberg steht am Ende das Land als Eigentümerin für die Kosten gerade. Nicht so in Mannheim, denn das ist städtisch. Und die Stadt kann die Kosten nicht mehr tragen.
Das ist nicht neu, und schon lange auf der landespolitischen Ebene angekommen. 2020 verkündete die damalige Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), die Unikliniken Heidelberg und Mannheim sollten fusionieren. Es war von Spitzenforschung die Rede und von Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung. Die Ankündigung kam gut an in beiden Häusern und bei der Stadt. Doch bewegt hat sich seither eher wenig. Der Betriebsratsvorsitzende des Mannheimer Hauses Ralf Heller wundert sich: "Warum passiert nichts?"
Die beiden Kliniken arbeiten schon zusammen
Zumal ein Blick auf die historische Entwicklung mehr als nahelegt, dass die beiden Häuser zusammengelegt werden. 1964 wurde am Mannheimer Krankenhaus die medizinische Fakultät der Uni Heidelberg eröffnet, weil Heidelberg zu klein war. Viele junge Leute wollten damals Medizin studieren. Peu à peu wurden Lehre und Forschung ausgebaut, seit 2001 darf sich das Mannheimer Krankenhaus Universitätsklinikum nennen, seit 2006 heißt es offiziell "Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg". Seitdem kann dort voll studiert werden. Der gelernte Krankenpfleger Heller, der seit 30 Jahren in Mannheim arbeitet und seit 2014 Betriebsratsvorsitzender ist, erinnert sich: "Damals begann auch bundesweit die politische Debatte über Zusammenlegungen von Uni-Klinika."
1 Kommentar verfügbar
Gerald Wissler
am 02.02.2023Bei uns in Hessen hat sich die "Reform" der Universitätskliniken Gießen und Marburg mit Ansage zu einem Desaster entwickelt.