Willkommen im Club, hätte Untersteller zurückschreiben können, was er aber nicht tat. Stattdessen wies er mit einer für einen Grünen bemerkenswerten Zurückhaltung darauf hin, dass "auf der ohnehin bereits stark beanspruchten Hornisgrinde" der Prüfaufwand hoch sei in der "rechtlichen wie fachlichen Gesamtbetrachtung". So schwer hatte es sich der Sozialdemokrat Harald B. Schäfer, Umweltminister zwischen 1992 und 1996, nicht gemacht, als er Anfang der 1990er-Jahre per Ministerentscheid zwei Windräder auf dem höchsten Berg im Nordschwarzwald genehmigte. Die die Große Koalition mit den Sozialdemokraten anführende CDU tobte, allen voran Ministerpräsident Erwin Teufel, der die Landschaft von den Rotoren verschandelt sah. Auf seinen dienstlichen Hubschrauberflügen musste er nach eigenem Bekunden öfters sogar wegschauen, wenn eine der wenigen Anlagen im Land auftauchte – um nicht in Wallung zu geraten.
Schäfer wiederum eckte nur zu gerne bei den Schwarzen mit immer neuen Ideen an, von der Mülltrennung und -vermeidung bis zu Verkehrsbeschränkungen an Tagen mit hohen Ozonwerten. Wenn das Gespräch auf die Hornisgrinde kam, konnte sich Schäfer wunderbar in Rage reden wegen der großartigen Möglichkeiten, weil der Standort "genauso attraktiv wie Helgoland" sei. Zusammen mit seinem Parteifreund Hermann Scheer wollte Schäfer "unumkehrbar" die Ära der Erneuerbaren Energie einläuten. In nur zwei Jahren wurde die Genehmigung schließlich erteilt. Der Betreiber, der Genosse Peter Griebl, zeichnete schließlich verantwortlich sogar für drei neue Windräder und wird noch viele Jahre später daran erinnern, dass er ohne Schäfer und Scheer so weit nie gekommen wäre. Inzwischen sind die drei kleineren Räder durch ein großes ersetzt.
Nirgends im Land weht mehr Wind
Unstrittig ist weiterhin, dass nirgends mehr Wind weht im Land als hier. "Vor zwei Jahren hat der Investor damit begonnen, mit der unteren und oberen Naturschutzbehörde Gespräche zu führen, um auszuloten, welche Untersuchungen und Themen für das eigentliche Genehmigungsverfahren und die artenschutzrechtlichen Untersuchungen notwendig sind", schrieben Stächele und Wald vor gut einem Jahr an Unterstellers Nachfolgerin Thekla Walker. Es geht vor allem ums Auerhuhn, denn die vom Regierungspräsidium Freiburg einbezogene Forstliche Versuchsanstalt findet, dass die bisherigen Vorkehrungen nicht ausreichen: Jede noch so geringe Beeinträchtigung des Auerhuhns müsse verhindert werden.
Da liegt der Hase im Pfeffer. Die grundsätzlichen Planungskarten für Wind, die, wie jene für PV-Anlagen mit riesigen prinzipiell geeigneten Flächen im Land, jetzt auf dem Beteiligungsportal des Landes kommentiert und bewertet werden können, sind das eine. Die jeweils konkreten Verfahren aber das andere. Ein Ministerentscheid wie jener von Schäfer wäre Walker auch möglich, jedoch nur theoretisch. Vorliegen müssten dafür sowohl ein Antrag, den es wegen der aufgetauchten Probleme noch gar nicht gibt, als auch die Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Außerdem wäre ein positives Votum seitens des Naturschutzes erforderlich. Dann könnte die Grüne tatsächlich die Genehmigung anweisen – mit besten Aussichten, vor Gericht zu unterliegen. Dabei ist auch den Fachleuten im Umweltministerium bewusst, dass auf der Hornisgrinde eine weitere Windkraftanlage aus energiepolitischen Grünen höchst sinnvoll wäre.
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Andreas Spreer
am 15.09.2022