Seit 2003 endet die Bahnlinie von Pforzheim nicht mehr am Bahnhof in Bad Wildbad, sondern die Stadtbahntriebwagen fahren weiter bis zum Kurpark. Dabei hätte die "Standardisierte Bewertung", kurz "Standi", diesem Verlängerungsprojekt beinahe den Garaus gemacht. Vielen gilt die Standi als "Orakel von Delphi": Das Orakel vergleicht die Kosten des Projekts mit dem Nutzen, also etwa einer verkürzten Reisezeit. Wird es dann beim Kosten-Nutzen-Verhältnis die magische 1,0 oder mehr verkünden? Sind also Nutzen und Kosten wenigstens gleich, wird das Projekt damit weiterverfolgt? In Bad Wildbad lag das Ergebnis mit 0,75 scheinbar zu schlecht.
Das wollte Matthias Lieb, Landesvorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD, aber nicht so stehen lassen. Also besorgte sich der Diplom-Wirtschaftsmathematiker das Gutachten und eine Anleitung zur Standi-Berechnung und nahm sich ein Wochenende Zeit. Er entdeckte in der Berechnung mehrere Parameter, mit denen er nicht einig war. So hatten die Gutachter beim Verhältnis "Werktag zu Wochenende" die standardmäßige Fahrgastverteilung angenommen – ohne das touristische Potenzial der Strecke zu berücksichtigen. Bei den Kosten blieb außen vor, dass die Karlsruher AVG ihre vereinfachte Stadtbahn-Oberleitung erheblich günstiger baut. In der Summe kam Matthias Lieb knapp über 1,0, ging damit zur Tageszeitung, die sein Ergebnis gerade noch rechtzeitig vor der entscheidenden Pforzheimer Gemeinderatssitzung verbreitete.
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Hans-Joachim Knupfer
am 25.06.2021