Herr Resch, seit Mitte März gibt es in den Medien eigentlich nur noch ein Thema. Fragt noch jemand nach Ihnen?
Ja, im Moment sehr stark, beispielsweise aktuell zur Rückenstärkung durch den Europäischen Gerichtshof. Dessen Generalanwältin hat soeben unsere Rechtsauffassung zur Illegalität praktisch aller Euro-5- und Euro-6-Dieselfahrzeuge bestätigt. Wir erleben auch in den letzten Wochen, dass viele Menschen erschrocken sind, wie Industriekonzerne im Windschatten von Corona versuchen, die Uhr beim Klimaschutz, Grundwasserschutz und bei der Luftreinhaltung zurückzudrehen.
Zum Autogipfel: Die Autoindustrie hat versucht, auf eine Neuauflage der Abwrackprämie hinzuwirken.
Der Gewinn vor Steuern Daimler, VW und BMW betrug in den letzten zwei Jahren 66 Milliarden Euro – trotz aller Rückstellungen für die Abwicklung von Dieselgate. Allein im letzten Jahr wurden 8,2 Milliarden Euro an Dividenden ausgezahlt. Es ist nachgerade unanständig, erneut vom Staat Steuermilliarden für Kaufprämien einzufordern. Dass selbst die Stuttgarter Diesel-Grünen um Ministerpräsident Kretschmann den Kauf schmutziger Verbrenner mit Steuergeldern gefördert sehen wollen, zeigt die symbiotische Verschmelzung der Autokonzerne mit den Regierungen.
Was sollten die Hersteller Ihrer Meinung nach tun?
Die Automobilindustrie muss wie andere Branchen ihren Strukturwandel hin zu rein elektrischen Antrieben erst mal selbst finanzieren. Sie hat hierfür ausreichend Finanzmittel. Renault hat gerade entschieden, sich in China von der Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor komplett zu verabschieden. BMW, Daimler und VW müssen schnellstmöglich ihre Überkapazitäten bei der Produktion von Verbrennern abbauen und endlich mit der Entwicklung und dem Bau konkurrenzfähiger Elektrofahrzeuge beginnen. Ein weiteres Geschäftsfeld könnten ÖPNV-Fahrzeuge sein. Hier könnte Deutschland mit seinem Knowhow wirklich durchstarten.
Der elektrische Antrieb ist aber auch kein Allheilmittel.
Da haben Sie völlig recht, bei schweren Nutzfahrzeugen werden wir noch einige Jahre länger Verbrenner sehen. Bei Pkws und leichten Nutzfahrzeugen haben aber nur noch emissionsfreie batterieelektrische Fahrzeuge eine Marktberechtigung. Neben dem Ausstieg aus dem Verbrenner sollte sich die hiesige Automobilindustrie schwerpunktmäßig auf den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs konzentrieren. Deutschland sollte sich als Staat verstärkt auf die Schiene konzentrieren und sich verbindlich erklären, bis 2030 die Elektrifizierung des Schienennetzes von aktuell ca. 60 auf 100 Prozent zu erhöhen. Die Schweiz hat bereits seit Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts über 99 Prozent ihrer Schienenstrecke elektrifiziert. Die Kraftfahrzeugindustrie könnte für die Schiene, auch für die Straße, für den ÖPNV und für umweltfreundlichen Gütertransport produzieren.
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Peter Nowak
am 11.05.2020