Die EU und die Hersteller machen Druck: Viele Kommunen sind derzeit dabei, ihre Straßenbeleuchtung auf LED umzustellen. Das spart jede Menge Energie – nach verschiedenen Angaben zwischen 40 und 80 Prozent. Da die Straßenbeleuchtung einen erheblichen Teil des kommunalen Stromverbrauchs ausmacht, amortisiert sich die Investition oft schon nach wenigen Jahren. Dazu kommt der ökologische Aspekt: Stromverbrauch bedeutet CO2-Emissionen, die sich um viele Tonnen senken lassen.
So weit, so gut. Doch wie jeder technische Fortschritt sind auch Leuchtdioden (LED) kein Rundum-sorgenfrei-Paket. Das viele Licht hat neben den erwünschten auch unbeabsichtigte Nebenwirkungen. Man spricht von Lichtverschmutzung, auch Lichtsmog genannt: ein etwas irritierender Begriff, da Schmutz normalerweise eher dunkel, dreckig ist und Licht, anders als Emissionen aus der Verbrennung, keine Giftstoffe enthält. Vollkommen unschädlich ist es deshalb aber nicht.
Eine einzige Straßenlampe kann in einer Nacht zum Tod von bis zu 150 Insekten führen. Vögel verlieren die Orientierung. Bäume werfen ihre Blätter nicht ab und sind dann frostempfindlicher. Dass es auch auf den Schlafrhythmus und den Hormonhaushalt des Menschen Auswirkungen hat, wenn die Nacht flächendeckend zum Tag gemacht wird, leuchtet ein, lässt sich aber wie vieles andere nur schwer quantifizieren. Dazu kommt, dass es in dicht bevölkerten Industrieländern wie Deutschland kaum noch Gebiete gibt, die nicht betroffen sind. Um den hellen Streifen der Milchstraße am Himmel zu sehen, muss man schon abgelegene Hügel der Schwäbischen Alb aufsuchen.
LED spart Strom – es werde deshalb noch mehr Licht?
Dies alles ist keineswegs neu. Nur besteht bei der unüberlegten Umstellung auf LED die Tendenz, weil ja ohnehin viel Energie gespart wird, die Straßen in noch helleres, tageslichtartiges Licht mit einem hohen Blau-Anteil zu tauchen, der die Nachtfalter noch mehr anzieht. Die Hersteller üben Druck aus, indem sie die Vorzüge des hellen Lichts anpreisen. In drastischen Worten schildern die Vertreter in Gesprächen mit Politik und Verwaltung die Gefahren, die von einer schummrigen Beleuchtung ausgehen, und warnen vor möglichen Regressforderungen.
So ungefähr hat es die österreichische Künstlerin Siegrun Appelt in einer Podiumsdiskussion vor drei Jahren in Ludwigsburg im Rahmen des Lichtkunstfestivals "Aufstiege" beschrieben. Appelt beschäftigt sich seit langer Zeit mit den Wechselwirkungen von menschlicher Wahrnehmung und technischer Entwicklung, insbesondere im Bereich des künstlichen Lichts. Auf der Architekturbiennale von Venedig 2008 tauchte sie den Säulengang des Deutschen Pavillons in extrem helles Licht, viermal so hell wie das Tageslicht, um den Energieverbrauch körperlich erfahrbar zu machen. Es war heiß und unerträglich hell.
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Habnix
am 29.12.2019