Winfried Kretschmann hat lange überlegt, wie er auf die schrille Tonlage von ganz rechts reagieren soll. Eines wollte er auf jeden Fall vermeiden: die Provokationen aufwerten durch eigenes Einschreiten. Im Landtag sitzt der Ministerpräsident traditionell gleich neben dem Rednerpult und damit den Gögels und Baums von der AfD direkt gegenüber. Fast jeden Zwischenruf bekommt er mit, darunter auch solche, die den Stenografen entgehen und deshalb den Weg ins Protokoll nicht finden. Viel Unsinn muss er sich anhören und viel Brüskierendes. Nur einmal rügt er das "völkische Denken", aus dem "ein neuer Totalitarismus wachsen kann". Das lasse sich bei Hannah Arendt nachlesen.
Zu Beginn der Sommerpause hat sich der Grüne die "Alternative für Deutschland" jetzt doch vorgeknöpft. Er spricht von der Mitverantwortung für die Verrohung der Sitten und beklagt, dass "die Reden im Landtag durchzogen sind von dumpfem Nationalismus und plumpen Ressentiments", dass "Institutionen zutiefst verachtet werden" und "Maß und Mitte gänzlich verschwunden" seien. Und Gögel und Sänze und Fiechtner belegen jeden einzelnen Vorwurf in ihren Reaktionen.
Emil Sänze hyperventiliert
Ersterer, Chef der größten Oppositionsfraktion, beklagt daraufhin per Pressemitteilung die "Anfeindungen eines gescheiterten Alt-Maoisten", der das politische Klima in Baden-Württemberg vergifte und Zwietracht unter den Menschen säe. Nationalismus wird umgedeutet in "patriotische Überzeugungen und die Liebe zur deutschen Heimat, zur deutschen Kultur und deutschen Werten". Er wirft Kretschmann vor, deutsche Staatsbürger verächtlich zu machen, "die ihre verfassungsmäßigen Rechte auf Meinungsfreiheit und gesellschaftliche Mitbestimmung wahrnehmen", er spricht von "widerlichsten Propagandamethoden" und dem "Züchtigungselement der Nazi-Keule, um deutsche Patrioten und national denkende Mitbürger zu stigmatisieren und kriminalisieren".
Noch schärfer reagiert Sänze, der einst versuchte hatte, AfD-Landeschef zu werden. Er bescheinigt dem Ministerpräsidenten, "beseelt zu sein von Zurückweisung und Rachegelüsten". Er wolle die Destabilisierung des Landes, damit "es zu politischen Auseinandersetzungen wie im Deutschland der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts" komme: "Dann wäre der Umbau in eine kommunistische Weltordnung sichergestellt. Das ist Kretschmanns Traum, das ist Kretschmanns Ziel. Die einzige Kraft, die ihn und seine Kumpane mit demokratischen Mitteln aufhalten kann, ist die AfD."
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