Studierende sollen nach Baden-Württemberg kommen, "weil unsere Hochschulen attraktiv sind, nicht weil es bei uns billig ist", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im November 2016, als die Absichten der grüngeführten Landesregierung bekannt wurden, von EU-fremden Studierenden künftig 1500 Euro pro Semester zu verlangen. Glück gehabt: Denn nun, nachdem die Gebühren in Kraft getreten sind, vermeldet das Wissenschaftsministerium: "Attraktivität Baden-Württembergs als Studienziel ist ungebrochen!", inklusive Ausrufezeichen, und Ministerin Theresia Bauer spricht von einem "moderaten Rückgang von knapp 21,6 Prozent" bei den internationalen Studierenden aus Nicht-EU-Ländern. Das decke sich mit den Erwartungen.
Andere nennen es nicht Erwartungen, sondern Befürchtungen, die sich bewahrheitet haben. Widerstand gegen die Ausländermaut der Wissenschaftsministerin gab es nicht nur in der Opposition, sondern auch in der eigenen Partei. Auf dem Landesparteitag forderte die Grüne Jugend am 9. Dezember erneut die Abschaffung – ohne Erfolg, bei 61 Delegiertenstimmen für und 94 gegen den Antrag. Kritiker der Sondergebühren für Ausländer bemängeln Diskriminierung, die Gebühren seien ein falsches Signal in Zeiten erstarkenden Nationalismus, und geben zu bedenken, dass insbesondere Menschen aus einkommensarmen Elternhäusern der Zugang zu Bildung verwehrt bleibe.
Landesregierung und Wissenschaftsministerium wehren sich gegen diese Vorwürfe. Aktuell habe die landeseigene Baden-Württemberg Stiftung ihr Budget für Stipendien aufgestockt, auf nunmehr eine Million Euro, mit der nun Studierende aus den sogenannten Least Developed Countries ("wenigst entwickelte Länder") gefördert werden sollen. Damit ermögliche Baden-Württemberg "gezielt für Studierende aus den ärmsten Ländern der Welt" jetzt noch "stärker als zuvor, gebührenfrei und mit einer finanziellen Unterstützung für den Lebensunterhalt an einer Hochschule bei uns zu studieren", betont Ministerin Bauer in einer Pressemeldung ihres Hauses.
Allerdings hat das Ministerium momentan noch gar keine Erkenntnisse darüber, wie erfolgreich die bereits bejubelten Programme tatsächlich sind. Auf Rückfrage, wie viele Studierende aus Armutsregionen die benannten Stipendien in Anspruch nehmen, erläutert Sprecher Jochen Schönmann, darüber lägen keine Zahlen vor: "Ich muss Sie leider bitten, die statistischen Auswertungen abzuwarten." Die solle im Laufe des ersten Halbjahres 2018 durchgeführt werden.
Indessen fand der grüne Vorstoß, Ausländer zur Kasse zu bitten, bereits Nachahmer. In Nordrhein-Westfalen hat die neue schwarz-gelbe Landesregierung in ihren Koalitionsverhandlungen festgehalten, das baden-württembergische Modell zu imitieren. Ministerin Bauer geht davon aus, dass weitere Bundesländer folgen werden.
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Arndt Weber
am 30.12.2017