In der Beschlussvorlage für den Gemeinderat hieß es: "Die Höhe der Gebühr muss in einem stimmigen und angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen." Dabei sollen "sozialverträgliche Höchstbeträge" verhindern, "dass große Familien übermäßig belastet werden." Demnach zahlen Paare mit zwei oder mehr Kindern einen Höchstsatz, für die kommenden sechs Monate 1419,60 Euro, anschließend 2425,64 Euro. Pro Person werden dabei sieben Quadratmeter zugeteilt, eine vierköpfige Familie bekommt für den Betrag also 28 Quadratmeter Privatsphäre, eine sechsköpfige 42 Quadratmeter.
Das lichtdurchflutete Penthouse mit großzügiger Dachterrasse im Stuttgarter Süden, das da auf einem Onlineportal angeboten wird, ist dagegen ein echtes Schnäppchen. Und "sozialverträglich" wäre nach Wölfles Rechnung denn auch die "exklusive Maisonette-Wohnung auf gigantischen 184 Quadratmetern mit Terrasse und Loggia", inklusive gehobener Markenküche, Eichenparkett und Fußbodenheizung, hoch oben auf dem Milaneo – Teil der teuersten Wohngegend, die eine der teuersten Wohnstädte Deutschlands zu bieten hat. Sogar mit Hausreinigung inklusive. Weniger ergiebig gestaltet sich hingegen die Suche im niederpreisigen Segment: Die Angebote sind bekanntlich rar, der Markt ist hart umkämpft.
Dem SWR sagte Wölfle, die Erhöhung "erhöhe den Anreiz, auszuziehen", die Unterbringungen seien ja nicht als Wohnungen gedacht. "Man glaubt gar nicht, wie viele doch in privatem Wohnraum unterkommen." Luigi Pantisano, der als Stadtrat der SÖS gegen die Gebührenerhöhung gestimmt hat, bezeichnet das als zynisch. Denn niemand wolle freiwillig unter Bedingungen wie in einer Gemeinschaftsunterkunft leben: "Das Problem ist einfach, dass der Stuttgarter Wohnungsmarkt für viele Menschen keine bezahlbaren Angebote bereithält."
Besonders absurd ist dabei: Während Landes- und Bundesbehörden bei Geflüchteten ohne eigenem Einkommen zwar vollumfänglich die Nutzungsgebühren in den Gemeinschaftsunterkünften übernehmen, gibt's beim Wohngeld strikte Obergrenzen. Soll heißen: Wenn eine vierköpfige Familie künftig auf 28 Quadratmetern zusammengepfercht lebt, gibt der Staat dafür gut 2400 Euro aus. Für den halben Preis könnte die Familie ebenso gut in einer drei Mal so großen Wohnung unterkommen. Eigentlich ein Zugewinn für alle Beteiligten. In der Praxis wird das durch bürokratischen Mumpitz verhindert – denn in Großstädten für Mietkosten von mehr als elf Euro pro Quadratmeter aufzukommen, wird seitens der Jobcenter in aller Regel als unangemessen hoch eingestuft und demnach nicht bezahlt. Wenn es sich aber verwaltungsjuristisch nicht um eine Miete, sondern um eine Gebühr handelt, scheint es keine Probleme mehr zu geben. Auch wenn diese 86 Euro den Quadratmeter kostet.
5 Kommentare verfügbar
Real Ist
am 23.08.2017Ärgerlich ist aber, dass hier wieder…