Im Paket mitgeliefert werden deutlich größere: vom unstillbaren Datenhunger bis zu den Geschäftsmodellen, die nur dem Internet nutzen. "Amazon regelt den Kundenzugang mit dem Dash-Button strategisch völlig neu", schwärmt ein E-Commerce-Fan auf einer einschlägigen Seite. Der Knopf sei nur der Anfang, weil bald Geräte auf den Markt kämen, die für Sprache empfänglich werden, und "in absehbarer Zeit" ohnehin automatische Bestellfunktionen. Da ist er wieder, der Kühlschrank, der autonom die Milch ordert.
Gekürzte Hosen frei Haus sind gefloppt
Dessen bisherige Misserfolgsgeschichte lehrt aber auch, wie unberechenbar technisch-kommerzielle Entwicklungen sind, zumindest noch. Schon in den Neunzigern, im großen Dotcom-Fieber, das Start-ups an die Börse und Kleinanleger um ihr Geld brachte, blühten utopische Träume. In Koch- oder Modeshows sollte per Klick auf den TV-Schirm automatisch das ausgewählte Produkt geliefert werden. Bei Kleidungsstücken sogar gleich umgearbeitet, gekürzt zum Beispiel, wenn die entsprechenden Daten hinterlegt wurden. Vor allem aber sollten Alltagsgegenstände zu Informationsempfängern und -sendern mutieren – als Abfallprodukte militärischer Forschung.
"Smart Dust" nannte Kristofer Pister, Professor in Berkley, seine Erfindung der drahtlosen Sensornetze. Die entstanden im Auftrag des Pentagon, das an allen renommierten amerikanischen Hochschulen als Finanzier hochaktiv ist. Hinter den feindlichen Linien sollten unsichtbare Kleinstrechner feindliche Truppen überwachen, um deren Operationen auszuspähen. "Im Jahr 2010 wird es überall Mikrosensoren geben, die ständig Daten über ihre Umgebung sammeln und Energie aus Sonnenlicht, Vibrationen oder Temperaturunterschieden beziehen", prophezeite Pister die breite zivile Nutzung. Permanente Funksignale würden empfangen und gesendet werden, von unkaputtbaren Ein-Chip-Computern, mit übermenschlicher Lebensdauer.
An der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich wurde ein Regenschirm entwickelt, der sich vernetzt mit der örtlichen Wetterstation, mit den Fenstern oder der Eingangstür neben seinem Ständer. Er erfährt, dass in 15 Minuten ein Schauer niedergehen wird, meldet dies an die Fenster, die ein Regengeräusch produzieren, um alle, die das Haus verlassen, zur Mitnahme eines Regenschirms zu animieren. Die mehr als zehn Jahre später noch immer nächstliegende Frage, wie der Regenschirm ruhiggestellt wird, wenn niemand ins Freie will, liegt im dicken Ordner U wie unbeantwortet.
Männer drücken lieber
Genauso wie die nach der Haftung für Amazons Dash-Button, wenn Kindern die bunten Knöpfe beim Nachbarn gefallen und sie – nicht wissend oder sogar ganz genau wissend, was sie tun – Klopapier, Rasierschaum und Katzenfutter bestellen. Der Bestellschutz verhindere dies, will Amazon beruhigen, weil "der Dash-Button nur auf Ihren ersten Knopfdruck reagiert, bis Ihre Bestellung geliefert ist". Das aber gilt für jeden Knopf extra.
In den USA drücken die Verbraucher schon seit März 2015. Die Einführung war so gesteuert, dass viele an einen Aprilscherz dachten und dies den Bekanntheitsgrad des neuen Bestellwegs auf einen Schlag vervielfachte. Seit April liegt allerdings auch die erste Studie auf dem Tisch, die zeigt, dass viele Leute der Verlockung doch nicht so einfach auf den Leim gehen.
2 Kommentare verfügbar
Fritz
am 09.09.2016