Anfangs bildeten dabei Tübinger Studenten den weitaus größten Teil der Inhaftierten, der Hohenasperg soll geradezu als "Hausberg" der Tübinger Uni gegolten haben. Die Zahl der wegen "Zweikampfdelikten" Einsitzenden – während des Kaiserreichs rund 170 – war dabei immer noch extrem gering im Vergleich zur Zahl der damals insgesamt ausgetragenen studentischen Zweikämpfe; so trugen allein die Mitglieder des Tübinger Corps Franconia zwischen 1871 und 1895 insgesamt 2071 Mensuren und 328 Duelle aus. Obwohl beides strafbar war, bemühte sich die Justiz nicht gerade eifrig um die Verfolgung, waren doch viele Juristen selbst Mitglieder schlagender Verbindungen, überdies hatten Duelle ihren festen Platz im Ehrenkodex führender Schichten. Die festgenommenen Paukanten bewegten sich also innerhalb des Konsenses einer Elite, als deren künftige Vertreter sie zudem angesehen wurden.
Dass ab 1888 die Tübinger Polizei bei Mensuren dann auch beide Augen zudrückte und von Verfolgungen weitgehend absah, war vermutlich sogar einer Intervention des württembergischen Thronfolgers Wilhelm geschuldet. Denn der war in seiner Tübinger Studienzeit Mitte der 1860er-Jahre selbst einmal "mitkneipender Corpsstudent" des Corps Suevia gewesen und bekam im Mai 1888 die volle Corpszugehörigkeit verliehen. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang nicht, doch auf jeden Fall sinkt ab 1888 für einige Jahre die Zahl der auf dem Hohenasperg einsitzenden Zweikämpfer. Da allerdings auch die Studenten der Technischen Hochschule Stuttgart und der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim gerne fochten, pendelte sich die Zahl bald wieder auf dem vorigen Niveau ein. Verurteilungen wegen Zweikampfs erfolgten dabei meist mit festen Strafmaßen sowohl für die Duellanten (drei Monate), als auch für die Helfer, die sogenannten Kartellträger (zwei Monate).
Trinkgelage im Knast
Traumatische Knasterfahrungen waren indes nicht zu befürchten, die Bedingungen für die Studenten auf dem Hohenasperg sollen geradezu luxuriös gewesen sein: Im Arsenalbau getrennt von den übrigen Gefangenen untergebracht, mussten sie sich nur abends um neun Uhr in ihren Zellen befinden, durften sich ansonsten frei im ihnen zugewiesenen Teil der Festung bewegen, zu dem auch eine Freiluftterrasse auf dem Wall gehörte, bekamen von den übrigen Häftlingen sogar einen Mann als Diener zugewiesen. Ihre Zeit konnten sie je nach Gusto zum Lernen oder privater Lektüre nutzen – oder auch zu ausgiebigen Trinkgelagen mit ihren Verbindungsbrüdern, die am Wochenende gerne zu Besuch kamen.
Um den Fortgang des Studiums nicht zu gefährden, wurden den Studenten meist auch großzügige Haftunterbrechungen während der Semesterzeit gewährt, sie durften ihre Haft dann etappenweise in der vorlesungsfreien Zeit verbüßen. So ist etwa für den Tübinger Medizinstudenten Alfred Woerner im Gefangenenbuch verzeichnet, dass ihm durch einen königlichen Erlass vom 15. Oktober 1879 "die erbetene Haftunterbrechung vom 18. des Monats an, für die Dauer des Wintersemesters 1879/80 gewährt" wurde. Weiter lesen wir: "Am 15. März 1880 zur Erstehung des Rests der Strafe hier eingerückt." Ab 1879 war diese Praxis der Semesterferienhaft die Regel auf dem Hohenasperg.
Nachteile im Studium drohten den Inhaftierten nicht: Die Universitäten gingen weder gegen das Mensurwesen vor, noch verhängten sie Sanktionen gegen deswegen bestrafte Studenten. Die durch Verbindungszugehörigkeit – und Schmisse als deren schnell erkennbare Visitenkarten – schon vorab gut geölte Karriere war ebenso wenig gefährdet. Galt Festungshaft ohnehin als besondere, weniger ehrenrührige Form der Freiheitsstrafe, betrachteten die wegen Zweikämpfen einsitzenden Studenten ihre Haft, weil sie so selten war, sogar als besondere Ehre.
4 Kommentare verfügbar
Zaininger
am 11.09.2016das war wohl ein redlich satirischer Beitrag und da wünsche ich Ihnen redlichen Erfolg beim Schlagen und Fechten und als Verkehrswissenschaftler natürlich wenig ekelerregenden und mehr redlichen Sechs. Wenn Sie jemanden treffen, der Haschgift spritzt: stellen Sie ihm…