Manchmal sind ausweichende Antworten die aufschlussreicheren. Zum Beispiel, wenn Heiner Geißler heute mit seiner Rolle als Schlichter konfrontiert wird. Damals, im Herbst 2010, im Stuttgarter Rathaus, moderierte er einen Gesprächsmarathon, bei dem sich die unterschiedlichsten Menschen unversöhnlich gegenübersaßen: linker Hand von ihm Mächtige wie der CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube, die den Teilabriss eines Baudenkmals, das Abholzen Hunderter Baumriesen im Schlossgarten, das Umgraben einer ganzen Stadt als notwendig bezeichneten. Für den Fortschritt. Rechts von ihm die Vertreter der Mutbürger, die vor Stadtzerstörung und einem unsinnigen Milliardengrab warnten, das der Staat mit aller Gewalt durchzusetzen bereit war.
"Ich habe alle Runden verfolgt, und dabei mindestens fünf Mal gedacht, jetzt ist das Projekt tot. Wie konnten wir uns nur so irren", fragt Johanna Henkel-Waidhofer am vergangenen Montag im Stuttgarter Hospitalhof. Eine konkrete Antwort erhält die Kontext-Autorin, die den rund dreistündigen Abend moderiert, vom bald 86-jährigen CDU-Urgestein nicht. Dafür Weisheiten eines Politikprofis, die bei Stuttgart-21-Gegnern als provokante Phrasen ankommen. "Es gibt Ergebnisse, die durch Argumente zustande kommen", beharrt Geißler, und damit darauf, dass der Ausgang des Verfahrens, sprich der Weiterbau des umstrittenen Tiefbahnhofs, bis heute Bestand hat. Mit wütenden Zwischenrufen quittiert das Publikum Geißlers Einlassungen. Viele, die von der Montagsdemo in den Hospitalhof überwechseln wollten, sind erst gar nicht in den Saal gelangt. Der Brandschutz, hieß es, lasse mehr Publikum nicht zu.
Manipulative Eingriffe durch Schlichter Geißler
Andere reagieren in der aufgeheizten Atmosphäre gelassener, aber ebenso fassungslos. Etwa Christoph Engelhardt. Akribisch haben der Betreiber des Faktencheck-Portals Wikireal.org und seine Mitstreiter die Geißler-Runden erst jüngst einem weiteren Stresstest unterzogen, alle Argumente erneut kritisch überprüft. "Im Ergebnis scheint das Demokratieexperiment gründlich gescheitert, wenn es nicht als Maßnahme der Desinformation geplant war", resümiert Engelhardt.
26 Kommentare verfügbar
Müller
am 24.01.2016Ihre Behauptungen kann natürlich niemand widerlegen, da die Ereignisse in der Zukunft liegen.
Ich kann auch behaupten, dass dieses Jahr am 12. Juli auf dem Schlossplatz 70 cm Neuschnee fallen.
Bis zum abend des 12. Juli kann das niemand widerlegen.
So funktioniert der…