Peter Boudgoust reagiert schnell, wenn er sich angegriffen fühlt. Kaum war die Anzeige mit dem Titel "Das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg erhalten! Kulturverlust für Baden vermeiden!" in den Stuttgarter Blättern (19. März) erschienen, hatten die Unterzeichner – 41 badische Landtags- und Bundestagsabgeordnete – schon ein Schreiben des SWR-Intendanten in ihrem Briefkasten. Darin konstatiert Boudgoust, dass sich die Finanzlage des SWR nochmals verschlechtert habe, schwärmt von den Vorbereitungen für das 2016 geplante Fusionsorchester ("Hier wollen wir neue Maßstäbe setzen") und wirbt für Unterstützung.
Die kann der SWR-Intendant gut gebrauchen, denn die von ihm 2012 durchgepeitschte Fusion erscheint immer fragwürdiger. Der Grund: Aus den erwarteten Mindereinnahmen, mit denen Boudgoust die Zusammenlegung einst begründete, sind Mehreinkünfte von 1,145 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2013 bis 2016 geworden. Dies entzieht der damaligen Argumentation die Basis.
Nicht für Boudgoust. Er schreibt, dass der SWR bis 2016 nichts von diesem Geld bekomme, weil es zum einen über eine Beitragssenkung um 48 Cent ab 2015 wieder an die Gebührenzahler zurückgegeben, zum anderen zur Bildung einer Rücklage zurückgehalten werden müsse. Der Intendant verschweigt allerdings, dass der SWR für die kommende Beitragsperiode 2017 bis 2020 bei der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) einen neuen, erhöhten Bedarf anmelden kann, um beispielsweise zusätzliches Geld für die Finanzierung der Klangkörper zu beantragen. Er könnte sich dabei auf den neuen SWR-Staatsvertrag berufen, der vom Sender "Beiträge insbesondere zur Kultur" verlangt.
Der Fachmann staunt: Aus zwei mach eins, und das spitzenmäßig
Sparen würde der SWR mit der Fusion ohnehin erst ab 2016, wenn das neue Orchester seine schwere Geburt erleben soll. Geplant ist ein finanziell gut ausgestattetes Sinfonieorchester mit Sitz in Stuttgart. Es soll eine "große Bandbreite der Interpretation pflegen", einen Schwerpunkt auf Neue Musik setzen und in ein, zwei Jahren "an der Spitze" ankommen, wie Johannes Bultmann, der neu engagierte SWR-Gesamtleiter für Klangkörper und Festivals, beim Amtsantritt versprach. Erstaunlich, dass Bultmann überzeugt ist, aus zwei sehr guten, annähernd gleich großen Orchestern in kurzer Zeit ein noch Besseres machen zu können. "Wir kennen kein Orchester von Rang, das seinen Ursprung in einer Fusion hat", schrieb etwa Simon Rattle, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, an Boudgoust.
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Ulrich Frank
am 30.03.2014