"Es bestehen deutliche Indizien dafür, dass die Zahl der Absolventen in den klassischen künstlerischen Studiengängen mit Einzelunterricht (insbesondere zum Instrumentalmusiker) den Bedarf an qualifizierten Nachwuchsmusikern überschreitet", heißt es im Papier des Rechnungshofs, <link http: www.miz.org artikel>und das Ministerium stimmt eilfertig zu: "Die Aussage des Rechnungshofs, dass die Musikhochschulen über den Bedarf hinaus ausbilden, muss ernst genommen werden." "Dies zeigt sich daran", begründet der Rechnungshof seine Meinung, "dass längst nicht alle Absolventen der künstlerischen Studiengänge als Solo- oder Orchestermusiker arbeiten, sondern schließlich im Arbeitsfeld Musikpädagogik/Musiklehrer tätig werden, für das eine weniger aufwendige Ausbildung ausreichend gewesen wäre".
Eine zynische Argumentation. Denn natürlich können weniger Musikhochschulabsolventen mit einem festen Arbeitsplatz als Orchestermusiker rechnen, wenn die <link http: www.dov.org newsreader items orchester_-_frisch_gestrichen.html>Zahl der Orchester ständig zurückgeht. 1992 gab es in Deutschland noch 168 Orchester. Heute sind es nur noch 132, und wie die Diskussion um das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg zeigt, droht eine weitere Abwärtsspirale. 2315 Planstellen sind seit 1992 bundesweit entfallen, das sind rund 20 Prozent aller Orchestermusiker. Eine Kürzung bei den Studienplätzen um ebenfalls 20 Prozent würde aber bedeuten, dass es nicht nur weniger Orchestermusiker, sondern ganz allgemein weniger hoch qualifizierte Musiker gibt. Ob dies gewünscht sein kann, darüber redet weder der Rechnungshof noch das Ministerium.
Die Arbeitslosenquote ist rückläufig
"Ich hab noch nicht von vielen arbeitslosen Musikern gehört", sagt Ulrike Storz, die als Soloviolinistin auftritt, aber auch mit Ensembles und Orchestern gespielt und zeitgenössische Musik auf Schallplatte aufgenommen hat. Mit dem Cellisten Scott Roller hat sie 2005 das Projekt<link http: open-music.eu> Open Music ins Leben gerufen, das Schüler aller Schularten und Altersstufen anleitet, sich mit den Mitteln der Improvisation musikalisch auszudrücken. Im mehrfach ausgezeichneten Projekt "Jetzt!" stehen einmal im Jahr bis zu 150 Schülerinnen und Schüler auf der Bühne des Stuttgarter Theaterhauses. Dafür wäre keineswegs eine "weniger aufwendige Ausbildung ausreichend gewesen". Vielmehr mussten Ulrike Storz und Scott Roller über ihre herausragenden instrumentalen Fähigkeiten hinaus zusätzliche Qualifikationen im Bereich der Improvisation und der Musikpädagogik erwerben.
Aber Storz hat recht: Von 2005 bis 2011 – neuere Zahlen liegen nicht vor – ging die Arbeitslosenquote bei Musikern von 11,2 auf 4,3 Prozent zurück, bei Musikerinnen gar von 8,4 auf 2,1 Prozent. Im Durchschnitt aller Berufe lag sie 2011 dagegen bei 7,1 Prozent. Unter Musikern gibt es also deutlich weniger Arbeitslose als im Durchschnitt aller Berufsgruppen. Ist das ein Grund, weniger Musiker auszubilden? Neben einer Laufbahn als Orchestermusiker stehen Musikhochschulabsolventen viele andere Möglichkeiten offen. Einige der Besten arbeiten in selbst organisierten Ensembles, andere als Lehrer und in vielen anderen Bereichen. Der Vorschlag des Landesrechnungshofs liefe letztlich darauf hinaus, das Niveau der Ausbildung und damit die Qualität der Musikkultur im Land insgesamt zu senken.
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Pia Michel
am 05.10.2013