Sie setzen sich mit der Situation von Künstlerinnen mit Kindern und Care-Verantwortung auseinander. Mütter haben es generell nicht leicht in der Arbeitswelt und der Gender Pay Gap klafft auch überall. Ist es in der Kunstszene besonders schlimm?
Sascia Bailer: Ja, wir haben im Kultursektor eine Geschlechterungerechtigkeit, die überproportional ist. Um zu erfahren, weshalb das so ist, muss man genauer hinschauen und fragen, wie die Arbeitsbedingungen im Kultursektor aussehen, und in welchem Zusammenhang diese Situation mit Sorgearbeit steht, die gesellschaftlich noch immer als eine vorwiegend weibliche Arbeit angesehen wird. Frauen übernehmen 44 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit, als Männer. Das hat auch Auswirkungen auf die künstlerischen Karrieren von Frauen.
Wie äußert sich diese Geschlechterungerechtigkeit im Kultursektor?
Bailer: Die Werke von Künstlerinnen sind beispielsweise weniger häufig zu sehen und werden seltener gesammelt. Im Bestand der Neuen Nationalgalerie Berlin sind nur neun Prozent der Werke von Frauen. Weibliche Kunstschaffende werden auch schlechter bezahlt: Gesamtgesellschaftlich liegt der Gender Pay Gap bei etwa 18 Prozent. Im Kultursektor sind es über 30 Prozent. Auch Sorge-Verantwortung schließt Frauen aus: Im Kunstkompass 2023 (ein jährliches Ranking der gefragtesten Künstler:innen weltweit, d. Red.) sind unter den Top 10 nur zwei Frauen, die beide keine Kinder haben, während die acht männlichen Kollegen allesamt Väter von insgesamt 24 Kindern sind, was ihre Karriere nicht negativ zu beinträchtigen scheint.
1 Kommentar verfügbar
Werner
vor 3 WochenDer Erfolg von Künstlerinnen und Künstlern hängt in erster Linie von Sammlern und Galerien ab. Wieso jemand hohe Preise für seine Werke erzielt und jemand anderes nicht, ist sehr undurchsichtig…