"Ich hatte das Gefühl, ich stehe in einem Film", erzählt Ralph Thoms. "Alles läuft auf der Leinwand ab." Die Rückkehr aus Guinea-Bissau 1995 war für den späteren Gründer des Naturvision Festivals ein Kulturschock. Drei Jahre lang hatte er ein Entwicklungshilfe-Projekt geleitet, das Fischer befähigen sollte, mit größeren Schiffen aufs Meer hinauszufahren, um Fische wie die Dorade zu fangen, tiefgekühlt zu lagern und für den Export zu verkaufen. Doch es gab nur ein wackliges Stromnetz, und die EU fischte den Fischern die großen Fische ohnehin vor der Nase weg. So viel zum Sinn und Zweck dieser "Hilfe".
Gleichzeitig war es ein Leben in der Natur, auf den keineswegs ungefährlichen Gewässern zwischen den Inseln des Archipels. Einmal schlug eine große Welle über sein Schiff. Ein andermal zog nachts wie aus dem Nichts ein Sturm auf. Es hätte das Ende sein können. Zurück in Deutschland fragte sich Thoms, was er mit seinem Leben noch anfangen könnte. Zurück zur Selbstausbeutung wollte er nicht. Jahrelang war er Taxi gefahren, weil der von ihm mitbegründete Trickster-Verlag nicht genug abwarf.
Plötzlich stand ihm die Idee glasklar vor Augen: "Ein Festival für Natur- und Tierfilme, das wär's." Thoms holt weit aus, wenn er überlegt, wie er darauf kam. Es hat mit seinem ganzen Leben zu tun. In Bad Doberan an der Ostsee geboren, floh seine Familie in den Westen, und er landete im Alter von sieben Jahren in Regensburg. Wenn die Mitschüler ins Bayerische wechselten, verstand er kein Wort. Diese Fremdheitserfahrung hat später sein Interesse an Ethnologie geweckt.
Von einer Ausbildung als Fernmeldehandwerker hat er technische Kenntnisse mitgenommen und das Vertrauen, sich im Zweifelsfall immer helfen zu können. Parallel dazu hat er die Mittlere Reife gemacht und auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachgeholt. Ein Freund riet ihm: "Studier Ethnologie. Wenn du reisen willst, ist das gut." Dann hat ihn das Fach immer mehr interessiert. Mit Kommilitonen gründete er die Zeitschrift "Trickster", daraus wurde der Buchverlag mit Schwerpunkt auf Afrika, heute zum Peter Hammer Verlag gehörig.
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