"Angelina Jolie!" seufzt Lindsay in der entscheidenden Szene des Stücks "Snowden 3.3", das der ungarische Regisseur László Bagossy mit den SchauspielerInnen Silvia Passera und Manuel Krstanovic im Theater tri-bühne einstudiert. Lindsay Mills, das Vorbild für Bagossys Bühnenfigur, ist die Freundin, seit 2017 Frau von Edward Snowden, den Krstanovic verkörpert. Sie spielen aber nicht nur Lindsay und Edward, sondern gleichzeitig auch László und Wanda, den Regisseur und seine Frau, sowie sich selbst, also Silvia und Manuel. Deshalb "Snowden 3.3": weil beide jeweils drei Rollen haben.
Nicht mehr als zwei, drei Zwischenstationen, also Freunde von Freunden von Freunden, trennen uns von allen anderen Menschen auf der Welt, weiß die Bühnen-Lindsay: Also zum Beispiel von Angelina Jolie. Oder dem Papst in Rom. Der Gedanke scheint sie zu beflügeln. Die reale Lindsay Mills hatte als passionierte Bloggerin und Stangentänzerin keine Scheu, Details ihres Privatlebens im weltweiten Netz zu verbreiten – bis ihr Freund vor acht Jahren über Nacht verschwinden musste, weil er globale Überwachungsprogramme der National Security Agency (NSA) an die Öffentlichkeit getragen hatte.
Sechs Stühle stehen um einen Tisch, und es geht ziemlich lebhaft zu auf der Bühne des Stuttgarter Theaters. Und daran, dass Bagossy nur gelegentlich aufsteht und Einwände erhebt, merkt man, dass sie schon eine Weile proben, dass das Ganze schon ziemlich gut sitzt. Er hat schon öfters in der tri-bühne inszeniert: zum ersten Mal 2006, auch damals ein eigenes Stück, "Avatare – ein Chat-Oratorium", dann auch Werke anderer AutorInnen von Ödön von Horváth bis Urs Widmer. Die mediale Verfasstheit der Welt interessiert den Regisseur, wie schon das Chat-Oratorium zeigt. Und er liebt es, seine Stücke mit den Schauspielern zusammen zu entwickeln.
Rastlose Dialoge, wechselnde Stühle
Die Szenerie: Edward Snowden träumt in seiner Moskauer Wohnung, "dass ein kleines deutsches Theater mit Hilfe zweier ratloser Mimen und eines talentlosen ungarischen Regisseurs ein Stück über sein Leben aufführt." Es entspinnen sich rastlose Dialoge, Passera und Krstanovic müssen ziemlich schnell die Stühle wechseln, um ihre wechselnden Rollen einzunehmen. Und für den Beobachter, der mitten hinein stolpert, ist auf Anhieb nicht ganz einfach zu erkennen, wen die beiden jeweils gerade verkörpern: Lindsay, Silvia oder Wanda? Edward, László oder Manuel?
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