"Niemand will doch die Kacke in seinem eigenen Haus haben. Wozu pumpen wir Tonnen von CO2 in die Luft?" Franziska Sophie Schneider gibt eine kleine Privatvorführung: ihr Auftritt im Stück "Esperanza, Felicia und Sophia". "Dreißig gottverdammte Jahre Plastik im Meer!", schreit sie. "Zukunft? Die Uhr tickt. Warum Öl? Warum den eigenen Lebensraum unbewohnbar machen?"
Esperanza heißt Hoffnung. Der Titel ist spanisch, weil es in einem ersten Stück unter diesem Titel um Mexiko ging. Oder um Heckler und Koch, das lässt sich kaum trennen, denn der Hersteller aus Oberndorf hat die Waffen produziert und exportiert, mit denen 2014 in Mexiko 43 Studierende ermordet wurden. Im Februar 2019 hat das Stuttgarter Landgericht das Urteil gegen fünf Angeklagte gesprochen. Sie kamen mit Bewährungsstrafen davon.
Edith Koerber hat das Stück geschrieben und inszeniert und spielte auch selbst mit. Seit 45 Jahren leitet Koerber das Theater Tri-Bühne, das sie 1975 mit ihrem damaligen Mann Michael Koerber gegründet hat. "Theater ist immer politisch", das ist ihre Überzeugung. "Claus Peymann hat einmal gesagt: Theater ist bezahlte Opposition." "Esperanza" ist ein politisches Stück, ein Stück, das einen aktuellen Skandal aufgreift. Aber es ist auch eine Allegorie. Esperanza heißt auch die Hauptfigur und eine zweite: Sophia, Weisheit. Koerber will nicht nur skandalisieren, aufrütteln, sie ist auf der Suche nach einem philosophischen Standpunkt. Es geht ihr, über den konkreten Fall hinaus, auch um die Frage: "Wie kann man in so einer Welt noch Hoffnung haben?" Dass es um mehr als die Waffen aus Oberndorf geht, wird in der Schlussszene klar, als die Fridays for Future die Bühne betreten.
Am 8. März, dem Sonntag bevor alle Kultureinrichtungen schließen mussten, kam für Edith Koerber einiges zusammen. Vormittags brachten die Gewerkschafterinnen Kuchen vorbei, für die sie an diesem Tag das Stück aufführten. Es gab noch eine zweite Aufführung. Und zwischendurch ging Koerber auf die Demo zum Internationalen Frauentag. Noch drei Mal kam "Esperanza" in den folgenden Tagen auf die Bühne, dann war erst mal Schluss. Die Premiere des Einpersonenstücks "Jacke wie Hose" musste auf den Herbst verschoben werden.
Esperanza II statt Trailer x
"Anfangs haben wir wie alle anderen kleine Kurzvideos ins Netz gestellt", erzählt die Intendantin. "Doch wir haben sehr schnell gemerkt: Das ist nicht Theater." Es handelt sich eher um Trailer, die neugierig machen, schön vor allem wenn Musik ins Spiel kommt, etwa Magda Agudelo Harfe spielt oder die Frauen im Hamam singen. "In meinem Alter rauche ich immer noch heimlich", heißt das Stück der algerischen Autorin Rayhana, das die verborgene Seite der islamischen Welt ans Licht holt. Die irakisch-kurdische Schauspielerin Fermesk Mustafa Abdolrahman hat das Lied mitgebracht und spielt auch die Hauptrolle.
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!