"Die Staatsoper Stuttgart zählt zu den führenden Opernhäusern weltweit." So steht es gleich zu Beginn im Presseheft von "Das Haus der guten Geister", einem Film von Marcus Richardt und Lillian Rosa, der Anfang April in die Kinos kommt. Nur einen Absatz weiter heißt es dann wortgleich: "Die Staatsoper Stuttgart zählt zu den führenden Opernhäusern weltweit." Und nach einem Mal Umblättern leicht variiert: "Die Staatsoper Stuttgart zählt zu einer der renommiertesten Opern weltweit." Die Penetranz, mit der diese Behauptung vorgetragen wird, wirft Fragen auf: Bewirbt der Text nur den Film? Oder handelt es sich um einen Werbefilm für das Stuttgarter Haus?
Die Synopsis jedenfalls geizt nicht mit hohen Tönen: Um "intime Einblicke" in den "faszinierenden Prozess" zu gewähren, bis "die einzelnen Puzzleteile sich schließlich zur komplexesten und kollektivsten aller Kunstformen" zusammenfügen, "begleitet der Film das charismatische Führungsteam der Oper Stuttgart". Die große Nähe ist symptomatisch. Der Film wirkt wie Embedded Journalism: Zu Gehör kommen nur die Beteiligten. Wie in einem Spielfilm sind sie im Abspann alle aufgeführt: Jossi Wieler, Intendant und Regisseur; Sergio Morabito, Dramaturg und Regisseur; Anna Viebrock, Bühnenbild; Sylvain Cambreling, Generalmusikdirektor – um die wichtigsten zu nennen. Spielen sie eine Rolle im Film oder in der Oper? Das ist nicht zu unterscheiden. Der Zuschauer ist mitten drin in den Proben, aber er kennt nicht das Libretto.
Marcus Richardt, Produzent und zusammen mit Lillian Rosa Regisseur des Films, war 2013 zum ersten Mal an der Stuttgarter Oper, um "La Sonnambula" von Vincenzo Bellini für das Fernsehen aufzuzeichnen. Zuvor hatte er schon in den Opernhäusern von Frankfurt und Essen, danach auch in Hamburg und Berlin gedreht. "Es ist mir sofort aufgefallen, dass hier etwas anders ist", sagt er im Telefongespräch über das Stuttgarter Haus. Diesem Anderen versuchen Rosa und er in dem Film auf die Schliche zu kommen, der den ungefähr sechs- bis achtwöchigen Probenprozess der Oper "Pique Dame" von Pjotr Iljitsch Tschaikowski bis zur Premiere im Juni 2017 begleitet.
Eindrucksvolle Maschinerie
Der Film gibt Einblicke in die Bühnenbildwerkstatt: eine riesige Halle, in der rundum Bilder hängen. Die Bühnenbildnerin Anna Viebrock erzählt und zeigt, wie sie von eigenen Fotos in Sankt Petersburg ausgehend die Kulisse der Oper, ein ruinöses, mehrstöckiges Gebäude auf einer Drehbühne entworfen hat, und wie sie vom Bild einer Passantin zum Kostüm der Sängerin Stine Marie Fischer kam. Die Kostümwerkstatt ist zu sehen; eine taffe Bühnenmeisterin beim Aufbau des Bühnenbilds; und immer wieder Cambreling, der Dirigent, in seinem behutsamen Umgang mit dem Orchester.
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