So könnte ein Film fürs Herz beginnen: Ein idyllischer See am Morgen, eine Frau, die ins kalte Wasser steigt und ans Gegenufer zu einem Holzhaus schwimmt, in dem ihr Geliebter noch schläft. Sie kriechen unter die Decke, der Satz "Ich liebe dich!" ist zu hören. Zu sehen aber ist danach der Waldrand und ein Tier, welches das Paar zu beobachten scheint. Ein Wolf. Aber nein, dies wird weder ein Liebes- noch ein Ökofilm. Mit den Zärtlichkeiten ist es nämlich schon wieder vorbei, und auch der Wolf hat nur diesen einen kurzen Auftritt, der überdies metaphorisch und im altmodisch-gefahrandrohenden Sinn zu deuten ist. Denn bald ist klar: Die wahren Wölfe in dieser Geschichte laufen auf zwei Beinen herum.
Der große, schwere Mann, der nun als Dolmetscher in einem kleinen Büro sitzt, heißt Martin Behrens (Ronald Zehrfeld). Er soll bei der Anhörung zu einem Asylantrag übersetzen, aber er verfolgt seine eigene Agenda. Ihn interessiert nicht, was der gleichgültig-routinierte und nur deutsch sprechende Beamte wissen will, er hat sich in diese Behörde eingeschmuggelt, kommt aber tatsächlich vom BND und setzt den aus Zentralasien stammenden Befragten mit Drohungen und falschen Versprechen unter Druck. Bis er aus ihm Informationen zu dessen Schwager herausgepresst hat, einem von der CIA gesuchten Terroristen. Beziehungsweise: Einem von der CIA zum Terroristen erklärten Politiker. Was folgt, ist ein Datenaustausch und ein Drohnenanschlag.
"Die Grundlage des Drehbuchs beruht auf recherchierten Fakten. Ein Staat konstruiert eine Terrororganisation, um als Vergeltung für deren Anschläge unbequeme Oppositionelle zu töten." So steht es in den Produktionsnotizen zu Philipp Leinemanns Polit-Thriller "Das Ende der Wahrheit". Der Regisseur, der auch das Drehbuch geschrieben hat, erlaubt sich jedoch die Freiheiten der Fiktion und erfindet ein Zahiristan, das für reale Länder wie Afghanistan und Pakistan steht oder auch für jene islamisch geprägten -stane, die sich nach dem Zerfall der Sowjetunion gebildet haben.
Glaubhafte Figuren, toll gespielt
Das Erstaunliche: Trotz seines eher knappen Budgets verkleidet Leinemann seine Recherche-Ergebnisse nicht notdürftig als Spielfilm, er hat vielmehr eine komplexe Geschichte mit glaubhaften Charakteren geschrieben und für diese, bis in die Nebenrollen hinein, prominente Darsteller gefunden. Selbst ein von Martin aufgespürter Hobbyfotograf und "Planespotter", der am Flughafen Flieger knipst, wird von Thomas Thieme weit über die pure Funktionalität der Figur hinausgespielt und gewinnt in wenigen Minuten ein Eigenleben.
3 Kommentare verfügbar
Hans Buchhalter
am 11.05.2019Wir waren gestern in dem winzigen Kino (EM). Ich hoffe, es schauen noch mehr Leute dieses sehr guten Film an.
Am besten hat mir die dort auch verhandelte Korruption in der Rente gefallen: also bezahlt wird hinterher; da haben wir ja…