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Rechtsrock in Filderstadt

Rechtsrock in Filderstadt
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Bei seinen Konzerten werden faschistische Symbole gezeigt und Lieder gespielt, in denen die Schlächter zweier Konzentrationslager besungen werden. Kommende Woche will der kroatische Musiker Thompson in Filderstadt auftreten. Protest dagegen gibt es kaum.

Marko Perković hat sich nach dem Gewehr Thompson benannt, das er als Frontsoldat im Kroatienkrieg benutzte. Bei seinen Shows werden regelmäßig die Symbole der faschistischen Ustascha zur Schau gestellt. Dabei handelt es sich um die kroatische Organisation, die im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis zusammenarbeitete, Konzentrationslager betrieb und für die Vernichtung Hunderttausender Menschen verantwortlich ist. Alleine im KZ Jasenovac wurden mindestens 82 000 Menschen ermordet, hauptsächlich Juden, Serben, Roma und Partisanen.

Thompson spielte in der Vergangenheit auf seinen Konzerten Ustaschalieder wie "Jasenovac i Gradiška Stara", in dem die Opfer verhöhnt und die Täter gefeiert werden – aus Protest gegen die damals sozialdemokratische Regierung in Kroatien, sagte der Musiker einmal, die er als "kommunistisch" und als "Feinde Kroatiens" bezeichnete. Thompsons bekanntestes Lied "Bojna Cavoglave" beginnt mit dem kroatisch-faschistischem Schlachtruf "Za dom spremni" (für die Heimat bereit), mit denen er oft seine Shows eröffnet. Der Titel des Liedes "Ljuta Trava na ljutu ranu" (Bitteres Kraut auf bittere Wunden) ist ein Zitat, das dem Ustascha-Führer Ante Pavelić zugeschrieben wird, mit dem dieser den Massenmord an den Serben rechtfertigte. Thompson ist bekennender Serben-Feind. Kein Künstler wird in Kroatien kontroverser diskutiert als er. Nun will er am 9. und 10. Dezember im Club Hotspot in Filderstadt zwei Konzerte geben.

Organisiert werden die Auftritte vom Eventveranstalter Urnebes und dem Club Hotspot selbst. Maria Marić von Urnebes sagt im Gespräch mit der Kontext Wochenzeitung: "Wir wollen einen schönen Abend für die kroatische Community organisieren und keine nationalistische Propaganda verbreiten." Der Problematik mit den Ustascha-Symbolen bei den Konzerten ist sie sich dennoch bewusst: "Wir haben beim Vorverkauf Merkblätter angefügt, in denen klar drinsteht, dass keine rechtsextremen Symbole auf dem Konzert erwünscht sind. Darauf werden wir auch achten." Laut Marić wird Thompson aufgrund zweier Lieder in eine rechtsextreme Ecke gedrängt, die auf den Konzerten aber nicht mehr gespielt werden.

Der Veranstalter sieht kein Problem

In den vergangenen Jahren hat der kroatische Sänger Kreide gefressen. Offiziell distanziert sich Thompson vom Vorwurf des Rechtsextremismus. Er habe schon Konzerte abgebrochen, weil der Hitlergruß gezeigt worden sei. Bei seinen Auftritten belässt er es bei Anspielungen auf das Faschisten-Regime. Von seinen Fans werden sie allerdings verstanden. Und gefeiert.

"Viele Kroaten empfinden die Musik von Thompson als heimatverbunden", sagt Maria Marić von der Eventagentur. "Menschen, die den Krieg miterlebt haben, können das nachvollziehen. Leider gibt es viele jüngere Fans, die die Musik sehr rechts auslegen." Vlado Spehar, der Betreiber des Club Hotspot, sagt im Gespräch mit Kontext: "Wir machen regelmäßig Veranstaltungen für verschiedene Gruppen. Neben den kroatischen Abenden, haben wir auch türkische, russische oder griechische Abende. Mit Nationalismus hat das nichts zu tun." Vlado Spehar sagt, das Konzert habe sich zufällig ergeben und er ergreife "die wirtschaftlichen Chancen", die damit verbunden seien: "Der Club ist für mich keine Fläche, um Politik zu betreiben. Wir haben ein Stammpublikum bei diesen Abenden, von denen noch nie Probleme ausgegangen sind."

Der Erfolg von Thompson in Kroatien und den kroatischen Gemeinden in Deutschland ist ein Produkt der Jugoslawienkriege, die von einem extremen Nationalismus geprägt waren. In den Neunzigerjahren begannen kroatische Nationalisten, den sogenannten "Unabhängigen Staat Kroatien", der von 1941 bis 1945 als Vasallenstaat der Nationalsozialisten existierte, als wichtigen Schritt in die Unabhängigkeit Kroatiens zu interpretieren. Verbrechen der Ustascha wurden relativiert und die Nazikollaborateure von Teilen der kroatischen Gesellschaft zu Freiheitskämpfern umgedeutet. Der Ustascharuf "za dom spremni" ertönt nicht nur auf Konzerten von Thompson, sondern auch regelmäßig bei <link http: www.juedische-allgemeine.de article view id external-link-new-window>Spielen der kroatischen Fußballnationalmannschaft.

Efraim Zuroff, der Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, bezeichnete die Musik des kroatischen Sängers einmal als "Ustascha-Rock 'n' Roll". Aber was in Bezug auf eine deutschsprachige Band für Empörung sorgen würde, produzierte bislang keinen Aufschrei innerhalb der kroatischen Gemeinden in Deutschland. In Kroatien selbst ist Thompson zwar umstritten, aber dennoch einer der erfolgreichsten Musiker, nicht nur im rechtsextremen Milieu.

Hetzaufrufe gegen Journalisten

Auch der Vorsitzende der kroatischen Gemeinden in Deutschland ist ein Besucher von Thompson-Konzerten. "Ich sehe die Musik von Thompson nicht kritisch", sagt Franjo Akmadža. "Früher waren die Texte härter, aber heute sind sie es nicht mehr." Akmadža betont allerdings gleichzeitig, jüngere Fans bei Konzerten darauf hinzuweisen, dass die Symbole der Ustascha "gar nicht gehen".

In der Vergangenheit wurden Thompson-Konzerte mehrfach abgebrochen. So fand ein Konzert in der Berliner Columbiahalle im April 2014 nicht statt, nachdem "B.Z", "Berliner Zeitung" und "taz" darüber berichtet hatten. Die Columbiahalle sagte das Konzert ab.

Für die beiden Journalisten Sead Husić ("taz") und Jerko Bakotin ("Neues Deutschland"), die darüber berichteten, hatten ihre Beiträge ein Nachspiel. Auf der Webseite von Thompson wurden die Namen der "Feinde Kroatiens" veröffentlicht und dazu aufgerufen diese "Jugokommunisten" im Auge zu behalten, da "der Kampf gegen sie" noch nicht beendet sei. Der kroatische Journalist Jerko Bakotin erhielt Drohungen nach der Konzertabsage in Berlin: "Ich habe das der Polizei gemeldet, die den Fall sehr ernst genommen hat. Der Manager von Thompson hat auf seiner Webseite eine Kampagne gegen uns gestartet", sagt Bakotin.

In der Schweizer Stadt Schlieren wurde erst im September 2016 wieder ein Thompson Konzert abgesagt. Die Gemeinde argumentierte, sie könne bei einer solchen Veranstaltung nicht für die öffentliche Sicherheit sorgen. Die Schweiz verweigerte dem Musiker auf Grundlage eines Antirassismusgesetzes zeitweise sogar die Einreise. In Filderstadt hat laut Vlado Spehar, dem Betreiber des Club Hotspot, bislang niemand gegen das Konzert protestiert.


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12 Kommentare verfügbar

  • Georg Halder
    am 06.12.2016
    Antworten
    @Gela:
    Streng genommen genommen haben Sie natürlich recht.

    Aber das bleibt reine Theorie, weil sich Nationalisten in der Regel als solche nicht zu erkennen geben. Patriotismus ist das Mäntelchen, das sich der Nationalist umhängt, um sich darunter zu verbergen. Insofern verliert die neuere…
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