Wurst. Ein Wort wie in die Hose geschissen. Ein Lebensmittel wie direkt aus ebendieser gefischt: zerhäckselte Kadaver, gewürzt und in einen Verdauungstrakt gepresst, verkauft mit einem lachenden Schweinchen auf der Verpackung, das sich offensichtlich saumäßig drüber freut, gestorben und in seinen eigenen Darm gestopft worden zu sein. Kein Lebensmittel ist deutscher. Würde das Blut Christi zusammen mit einer zünftigen Eitrigen (Wurst mit Käse-Einsprengseln, Anm. d. Red) nicht zu sexerregend schmecken, würden in den Kirchen Wursträdchen statt Hostien auf sündige Zungen gelegt werden. Nimmt man den Deutschen die Wurst, nimmt man ihnen Leben. In nomine Salami. So will es die Bibel oder so.

Zum Glück hat das EU-Parlament durch eine Mehrheit aus Rechtsaußen-Fraktionen und Teilen der konservativen Fraktion um CDU und CSU jetzt ein Verbot auf den Weg gebracht, das der gottlosen Entwurstifizierung der Deutschen einen Riegel vorschieben soll: Schluss mit "Veggie-Wurst" und "Veggie-Burger" in den Kühlregalen der Supermärkte. Fleisch ist heilig. Deshalb stehen Rechtsextreme und ganz normale Rechte zusammen gegen Menschen, die keine Tiere essen wollen und geblickt haben, dass die Fleischindustrie den Planeten abfuckt. Oder einfach gegen Menschen, die lesen können. Anyways. Nach der neuen Definition von Fleisch als "die zum Verzehr geeigneten Teile von Tieren" sollen nun also nur noch Produkte als "Steak", "Schnitzel", "Wurst" oder "Burger" bezeichnet werden dürfen, "die tatsächlich Fleisch enthalten". Sogar "zellkultivierte Alternativen", also im Labor gezüchtetes Fleisch, ist nach der Entscheidung des EU-Parlaments kein Fleisch mehr.
Ganz schön gaga und woke und linguistisch interessant für 355 extreme Rechte und ganz normale Rechte im EU-Parlament, die sich diese dumme Scheiße aus den Därmen ihrer degenerierten Hirnwindungen gedrückt haben. Da kriegen sie jahrelang Schlaganfälle wegen sprachlicher Evolution, fantasieren was von Sprech- und Denkverboten und jetzt stellt sich Chef-Fleischlinguist und Bürzel-Träger Friedrich Merz (CDU) bei "Caren Miosga" auf die Hinterhaxen, um wie ein wild gewordener Eber für die wirklichen Sorgen und Nöte der Deutschen zu kämpfen: "Eine Wurst ist eine Wurst. Wurst ist nicht vegan." Kapiert?!
Heimtückische Simulantenwurst
Endlich ist Schluss mit dem Veggie-Gaga! Unzumutbar die Gefahren für Verbraucherinnen und Verbraucher! Man stelle sich nur vor, wie Millionen Menschen beim Fehlkauf einer auf Erbsenbasis hergestellten Scheibe "Veggie-Mortadella" zwischen Scheuermilch, Baby-Öl und Katzenzungen zusammenbrechen. Oder gar aus Versehen in eine gottverdammte Simulantenwurst beißen und den erbärmlichsten aller Tode der deutschen Leitkultur sterben: erstickt an einem veganen, vielleicht sogar schwul machenden Saitenwurst-Zipfel. Um Gottes Willen! Denkt denn keiner an die Kinder, äh, Landwirte? Was für herzlose linksgrünversiffte Kommunistennazis sind das nur, die deutschen Landwirten durch ihren Verzicht auf in ausgespülte Därme gepresste Tierkadaver mit Hafermilch (ahhhhh!!!) ins Gesicht spucken? Mit jedem Kauf einer Packung Rügenwalder "Vegane Mühlen Frikadellen" radikalisiert sich ein Landwirt und wählt die AfD! Das muss verhindert werden! Und zwar von der CDU/CSU gemeinsam mit den Rechtsextremen. Der deutschen antiveganistischen Aktion. Der Brandmauer aus Mett. Dem Hegemon aus Wurst.
Mein Gott. Es ist alles so unendlich dumm. Allein, dass so ein Text wie dieser geschrieben wird. Von einer, die nicht mal Vegetarierin ist. Allein, dass die Nachricht vom Veggie-Wurst-Verbot wirklich auf der Instagram-Seite der "Tagesschau" und nicht auf der Satireversion "Yarakschau" stand. Wie kann das alles noch real sein? Die ganze Welt brennt an allen Ecken und Enden, Deutschland will wieder Krieg und im Europa-Parlament missbraucht man "die Landwirte" für einen Kulturkampf, der dann wieder "den Linken" angedichtet wird – nur, um wieder im Kollektiv zu verdrängen, dass es Deutschland und dem ganzen verfickten Erdball guttun würde, wenn alle mal aus Versehen in eine Veggie-Wurst beißen würden.
Kann man ja ausspucken, wenn's nicht schmeckt und sich 'ne Fleischwurst kaufen, fair enough. Wird niemand gezwungen, vegetarisch zu leben. Während man in Bayern bereits gezwungen wird, nicht zu gendern. Es ist so hundserbärmlich verlogen, so zu tun, als ginge es Rechten – inklusive der CDU/CSU – bei der krampfhaften Begriffsdefinition von "Fleisch", "Wurst" oder "Schnitzel", inklusive Verboten, um irgendetwas anderes als die Deutungshoheit darüber, was "normal" sein soll und was unerwünscht ist: Normal ist es, sich tonnenweise Leichenreste in den Wanst zu schieben, im Fall des durchschnittlichen Deutschen sind es laut Statistik 1.100 Tiere, die er sich zu Lebzeiten einverleibt. Unnormal ist es, das nicht zu tun.
Was ist denn jetzt mit dem Wettbewerb?
Als wäre nicht längst ausführlich belegt, wie die kapitalistische Fleischproduktion Mensch und Natur schaden. Als ginge die komplette Landwirtschaft kaputt, wenn Menschen nicht mehr so viel Fleisch essen würden. Und als wäre es nicht spätestens dann vielleicht an der Zeit, sich einmal mit der Frage auseinanderzusetzen, in was für einer Kackwelt wir eigentlich leben, in der Landwirtschaft nur konkurrenzfähig ist, wenn sie Mensch, Erde und Tiere aufs Maximalste ausbeutet.
Dass es sich beim Thema Veggie-Wurst um eine verlogene Debatte handelt, lässt sich übrigens gut daran erkennen, dass sie der neoliberalen Logik widerspricht, die von Regierungsvertretern und anderen Idioten stets für ein Naturphänomen gehalten wird: Wenn ein Unternehmen nicht abkacken will, muss es sich eben etwas einfallen lassen, um nicht vom Markt weggeregelt zu werden. Wer mit Schweinen für Wurst kein Geld mehr verdienen kann, muss eben Veggie-Schnitzel herstellen. Oder eine Bank werden. Haha. Dann werden Sorgen und Ängste ernst genommen und Milliarden Rettungsgelder bezahlt, während weiter Sauereien veranstaltet werden – obwohl sich die Finanzindustrie ständig neue Schweinereien einfallen lässt, um etwa deutsche Steuerzahler mit fleischlosen Cum-Ex-Produkten um Milliarden zu betrügen. Oink oink.
Aber ja. Das große Rädchen. Die Sache mit dem Kapitalismus. Bitte nicht schon wieder, Frau Wolf. Nervt. Lieber Ablenken. Weiter verblöden lassen. Sonst könnte ja noch wer draufkommen, dass der ganze Affenzirkus um Gender-Gaga, Verschwulung oder die Veggie-Wurst überhaupt nichts an der gegenwärtigen Misere ändert, sondern vor allem eines tut: vom Wesentlichen ablenken. Lasst den Rechten ihre Wurst. Wenn mir mal wieder nach ner fleischlosen Alternative zumute ist, beiße ich auch gerne in eine "Proteinreiche Geilpeitsche im Saitanstraps". I don't fucking care. Die letzte Schlacht wird sehr wahrscheinlich nicht am Kühlregal bei Rewe gewonnen.
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