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Wellnesshotel im Büdingen-Park

Konstanz und sein Luxusinvestor

Wellnesshotel im Büdingen-Park: Konstanz und sein Luxusinvestor
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Die Stadt Konstanz erlaubt dem Luxus-Gesundheitshotel-Investor Buff fast alles auf dem Büdingen-Areal am Bodenseeufer. Der will nun verhindern, dass normale Menschen dort spazieren und seinen superreichen Gästen zu nahe kommen können. Doch der Gemeinderat hat langsam die Nase voll.

In Konstanz gab es an der Seestraße, der Flaniermeile direkt am Bodensee, einen Park wie aus dem Märchen. Seit Jahrzehnten war er mehr oder weniger sich selbst überlassen, nur notdürftig als Privatbesitz markiert. Kurzum: ein verwunschenes Kleinod. Dort ist jetzt ein luxuriöses Hotel entstanden, das sich mit einem meterhohen Zaun gegen die Öffentlichkeit abschirmt. Aber es gibt da noch ein Wegerecht …

Die Geschichte ist kurz und trivial: Bis 1971 wurde auf dem "Büdingen-Areal" 70 Jahre lang ein Sanatorium betrieben. Es stand auf einem etwa 200 mal 200 Meter großen Grundstück, dessen Park sich malerisch nach Süden zur Seepromenade und dem Bodensee hin öffnete. Dann wurde das Gebäude abgerissen und das Anwesen verkauft.

In den folgenden Jahrzehnten ging das Gelände von Investorenhand zu Investorenhand. Bekannte Unternehmen wie die Allianz oder Steigenberger schmiedeten Pläne für eine profitable "Entwicklung" des Areals. Das Grün wuchs indessen immer weiter, der Baumbestand wurde immer mächtiger, und der Park entwickelte sich zur Heimstatt ganzer Generationen von Singvögeln und anderem Getier. Gelegentlich bahnte sich dort wohl auch ein anämischer Jüngling einen Pfad zwischen Bäumen und dichtem Unterholz, um am Fuße eines mächtigen Stammes zu sitzen und zu sinnen und dabei sehnsüchtige Verse voll morbider Liebesschwüre zu schmieden.

Die Vertreibung aus dem Paradies

Die Stadt Konstanz lehnte es zweimal ab, das ihr angebotene einmalige Filetgrundstück auf der von mächtigen Gründerzeitbauten geprägten Sonnenseite zu erwerben. Dagegen machten interessierte Einheimische, die den kommenden Braten rochen, mobil und gründeten 2007 den gemeinnützigen Verein Bürgerpark Büdingen, der sich für einen öffentlichen Park ohne Bebauung einsetzt. Vielleicht war das aber angesichts der Besitzverhältnisse, der Mehrheiten im Gemeinderat und der Bebauungspläne ein von Anfang an eher sportliches Vorhaben.

Die Geschichte endet wie so viele dieser Art, in denen sich die öffentliche Hand nicht auf ein Grundstück legt: Schließlich tauchte ein tatkräftiger Investor auf, der schweizerische Hotelier Hans Jürg Buff, kaufte das Areal und errichtete in den letzten Jahren auf dem Gelände ein großes Luxushotel als "Medical Resort". Es soll laut Webseite im April eröffnen und hat einen ganz besonderen Anspruch: "In unserem ganzheitlichen Gesundheitsresort verschmelzen [sic!] höchster Komfort eines 5-Sterne-Hotels mit einer einzigartigen medizinischen Betreuung."

Das ist keinesfalls untertrieben: Drei Wochen zu zweit inklusive der Therapie "Buffmed Advanced" und einem Shuttle-Service vom und zum Züricher Flughafen kosten derzeit auf der Homepage des "Buff Medical Resort" für September 2025 im Deluxe-Doppelzimmer 71.470 Euro, in der Suite Superior 121.660 Euro. Im Preis inbegriffen ist dabei eine Vollpension nach der F.X. Mayr Diät; Schleckermäulchen, die einer Milch-Semmel-Diät nichts abzugewinnen vermögen, können ein Gourmet-Menü hinzubuchen.

"Qualitätstouristen" herzlich willkommen

Der alte Traum einiger Konstanzer Touristiker:innen, mehr "Qualitätstourismus" in die Stadt zu locken, scheint damit in Erfüllung zu gehen: "Qualitätstouristen" sind Reisende, die nicht nur wie normale Touris für ein Wochenende an den See kommen, um nach einem Spaziergang am Wasser eine Pizza zu essen und mindestens ein Bier zu viel zu trinken; es handelt sich vielmehr um betuchte Menschen, getrieben von einem regen Interesse an der reichen Geschichte und Kultur der Konzilstadt am See, die länger und damit nachhaltiger bleiben (und dabei mehr Geld in der Stadt lassen sollen). So zumindest die Theorie …

Nur Gewinner also aus Sicht der entzückten Stadtverwaltung und des beglückten Investors, der sich hier für einen höheren zweistelligen Millionenbetrag einen Traum erfüllen wollte.
Aber ein Gewinn auch für die gewöhnlichen Konstanzer:innen?

Der Ärger war wohl programmiert, denn das Gebäude sollte schnell erheblich wuchtiger werden als in der städtischen Planung vorgesehen: Der örtlichen Tageszeitung "Südkurier" sagte Buff im Februar 2018, er müsse größer als geplant bauen, "um das Personal unterzubringen. Zu den 113 Gästezimmern seien 60 bis 70 Personalzimmer nötig, weil die Mitarbeiter in Konstanz kaum eine andere Chance auf eine Wohnung hätten. Außerdem brauche die geplante ökologisch orientierte Holzbauweise, die er für ein Luxus-Gesundheitshotel als besonders geeignet erachte, deutlich mehr Platz als ein Stahlbetonbau."

Höher, weiter, profitabler ist die bauolympische Devise

Die immer zahlreicher und vernehmlicher gewordenen Kritiker des "Buff Medical Resorts" äußerten bald den Eindruck, dass hier ein Bauherr ohne Rücksicht auf den historischen Parkcharakter des Grundstücks ein Maximum an umbautem Raum und an Baumfällungen aus der Stadtverwaltung herauszukitzeln versuchte – und dass ihm eine nur allzu willfährige Stadtverwaltung so weit wie nur irgend möglich in Siebenmeilenstiefeln entgegenkam. Und wenn es ging, auch noch einen Schritt weiter.

Auf der anderen Seite war der offene Charakter des Parks schnell passé: Ursprünglich sollte dazu neben Spazierwegen ein öffentlich zugänglicher Café-Pavillon gehören, den Hotelgäste und Einheimische gemeinsam hätten nutzen können. So manche Einheimischen träumten wohl auch schon davon, in dem Park des Hotels zwischen den Reichen und Schönen lustzuwandeln und ein heiteres Promiraten zu veranstalten.

Doch daraus wurde nichts, denn ein hoher Zaun und ein ernüchterndes Schild "Betreten verboten" machen seit einiger Zeit deutlich, was der einstmals so gewinnende Hotelier heute von ein wenig Offenheit gegenüber der Konstanzer Bevölkerung hält: nichts. Sein Medical Resort gleicht einer Gated Community, in die sich die Reichen und Schönen vor dem Rest der Welt zurückziehen. Sie wollen unter sich sein, und der Hotelier sieht sich vor allem dem Schutz seiner Gäste verpflichtet.

Das vermaledeite Gehrecht

Doch dann kam dem Investor und der Stadtverwaltung, die das alles geschehen ließ, ein Wegerecht dazwischen: Die Stadt darf, so steht es im "Baulastenverzeichnis von Konstanz, den 4.10.2021", an der Ostseite des Geländes einen Weg über das gesamte Grundstück von der Seestraße bis zur Mainaustraße führen und im Süden, nahe dem heutigen Zaun, ein weiteres kleines Stück öffentlichen Weges einrichten. Hans Jürg Buff hatte nämlich damals für sich und seine Rechtsnachfolger erklärt, "dass ich bereit bin, der Allgemeinheit jederzeit ein Gehrecht über mein Grundstück zu gewähren. Die genaue Fläche ist in beiliegendem Lageplan […] gelb dargestellt und bleibt von jeglicher Bebauung frei."

Das ist natürlich schon einige Zeit her, und heute treiben den Investor beim Gedanken an öffentlich zugängliche Wege auf seinem Grundstück einige andere Überlegungen und Sorgen um. Darauf lässt zumindest sein Schreiben vom 2. Dezember 2024 an die Stadt schließen:

"Die Stadt kann einen Weg erstellen, wenn sie dies für nötig hält. Wir machen die Stadt aber auf Folgendes aufmerksam:
– Es besteht ein Wegerecht und kein Aufenthaltsrecht.
– Die Stadt muss für die Gestehungskosten und den Unterhalt aufkommen und hat die gleichen Voraussetzungen bezüglich der Baumschutzordnung einzuhalten.
– Die Stadt hat dafür zu sorgen, dass die Verkehrssicherheit auf dem Weg gewährleistet ist. […]
– Die Stadt errichtet einen Zaun an den Weg angrenzend, damit keine Personen sich im Park aufhalten können und/oder sich dem Hotel nähern. Die Sicherheit unserer Gäste hat oberste Priorität.
– Der Weg darf aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht beleuchtet werden."

Ein paar Nebelbomben

Diese Forderungen enthalten, wie in solchen Fällen üblich, viel Theaterdonner. Die Frage, ob die Stadt auf ihre Kosten Zäune entlang des Weges errichten müsste, um die Öffentlichkeit quasi durch einen Raubtiertunnel über das Grundstück zu geleiten, ist zumindest umstritten. Aus Juristenmund war zu hören, dass es lediglich ein Recht für den Grundstückseigentümer Buff gebe, mit einem auf seine Kosten und auf seinem Grundstück errichteten Zaun die Bevölkerung aus seinem Park auszuschließen (wie er das an der Seestraße ja bereits tut). Die Stadt hingegen sei zur Errichtung eines solchen Zaunes mitnichten verpflichtet. Auch die Unterscheidung zwischen Wegerecht und Aufenthaltsrecht auf einem Weg überzeugt juristisch nicht, die Stadt kann den Spaziergänger:innen ja keine Mindestgeschwindigkeit vorschreiben.

Das Ziel des Schreibens scheint klar: Die Hürden für den Weg sollen so hoch sein, dass die Stadt auf die Verwirklichung ihres Wegerechtes verzichtet und Buffs Hotelgäste den Park (oder was davon nach den Baumfällungen übriggeblieben ist) exklusiv für sich nutzen könnten.

Die Stadtverwaltung ihrerseits, die dem Herrn Buff den roten Teppich ausgerollt hat, nahm den Ball dankend auf. Sie führt allerdings primär ökologische und finanzielle Gesichtspunkte gegen den Weg ins Feld, denn Baumwurzeln seien durch den Weg teils ebenso gefährdet wie die Stadtkasse. "Die Kosten für die Herstellung eines einfachen Schotterrasenwegs von der Seestraße zur Mainaustraße belaufen sich auf ca. 80.000 Euro", und der von Buff geforderte Sicherheitszaun käme auf weitere 38.000 Euro. Dazu noch 10.000 Euro Betriebskosten pro Jahr – nicht daran zu denken!

Was nun?

Die Stadtspitze schlug dem Technischen und Umweltausschuss des Gemeinderates also vor, auf den Weg sang- und klanglos zu verzichten.

Der Verein Bürgerpark Büdingen nannte das umgehend ein "Zurückweichen vor den protektionistischen Interessen des Großhotelbesitzers Buff" und "eine Schande für diese Stadt". So sahen es auch die Gemeinderät:innen. Sie wollen es inzwischen ganz genau wissen und haben die Stadtverwaltung beauftragt, erst einmal die juristischen Fragen (etwa um Zaun und Verkehrssicherungspflicht) zu klären, ehe sie klein beizugeben versucht. Die Abstimmungsvorlage wurde zurückgezogen und soll irgendwann erneut auf die Tagesordnung kommen, wenn die Verwaltung sich schlau gemacht hat, wer was darf und bezahlen muss.

Das ist eine Kopfnuss für die dem Investor gegenüber in den Augen vieler Bürger:innen und Rät:innen bisher allzu dienstbare Stadtverwaltung und ihren Baubürgermeister. Oder wie es Holger Reile von der Linken Liste formuliert: "Herr Buff hat unser Vertrauen verspielt, wir müssen ihm und der Verwaltung, die ihm bisher nach Kräften entgegengekommen ist, in Zukunft scharf auf die Finger schauen. Es geht nicht an, dass ein Investor, der der Öffentlichkeit viel versprochen und wenig gehalten hat, von unserer Stadtspitze derart hofiert wird. Die Buckelei gegenüber solchen Investoren, wie wir sie in Konstanz in den letzten Jahren auch bei anderen, in meinen Augen höchst fragwürdigen Großprojekten erlebt haben, muss endlich aufhören."

Die Mehrheit des Gemeinderates scheint inzwischen fraktionsübergreifend ähnlich zu empfinden wie Reile, und so könnte in absehbarer Zeit aus einem Wegerecht doch noch ein richtiger Weg für alle Konstanzer:innen werden. Dann dürfen sie vielleicht eines Tages durch Gitterstäbe hindurch aus etwas mehr Nähe beäugen, wie viel Spaß ein Urlaub im Luxushotel machen kann.


Eine erste Fassung dieses Textes sowie die Vorgeschichte des Luxus-Hotels im Büdinger-Areal erschien beim Online-Magazin "Seemoz".

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3 Kommentare verfügbar

  • Gerald Wissler
    vor 1 Woche
    Antworten
    Das ist wirklich ein Luxus-Ressort ?
    Die Gebäude auf den Bildern erinnern mich eher an Plattenbauten der 1970er.
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