"Sie sind Verhaltensstörer […], weil die (sic!) im öffentlichen Straßenraum der Landeshauptstadt Stuttgart unzulässig eine Rampe mit Sitzgelegenheiten betreiben." Diesen Vorwurf formuliert das Amt für öffentliche Ordnung in Stuttgart am 18. August an Peter Haury. "Nutzungsuntersagen und Zwangsgeldandrohung" über 500 Euro plus 100 Euro Bearbeitungsgebühr fordert das Amt. Der Terminus "Rampe mit Sitzgelegenheiten" fällt auf den ersten vier Seiten des Schreibens insgesamt 18 mal. Dabei handele es sich dem Besitzer nach gar nicht um eine Rampe, sondern um einen Handwagen. Liegt hier ein Missverständnis vor?
"Seit dem Widerspruch kann ich nur noch von einem bewussten Missverständnis ausgehen", sagt Haury. Bereits als ein "großer, schwarzer, ziviler Lieferwagen" in der Bismarckstraße auftauchte und die BeamtInnen vor Ort den Fall aufnahmen, machte sie der 55-jährige Lehrer auf die beiden Reifen des Gestells aufmerksam, unverkennbares Charakteristikum eines Handwagens, von denen jeder eine Tragkraft von 500 Kilo hat. Das Gestell ist rollbar, zeigt ein von Haury erstelltes Video. Darauf ist ein Einparkmanöver zu sehen – alle zwei Wochen wird der Wagen ordnungsgemäß umgeparkt –, auf dem Handwagen sitzt ein kleines Kind im Kinderwagen. Kein Wackeln, kein Rütteln – das "Fahrgefühl ist wie ein Manta-Rochen, wenn der Handwagen mal rollt", schwärmt Haury. Um die "schlechte Qualität der Stuttgarter Straßenränder" zu kompensieren, hat er ein Stoßdämpfungssystem in den Wagen aus Holz eingebaut.
Auch noch Pflanzen!
An beiden Enden des Wagens kann Haury eine Deichsel befestigen, an den Seiten sind kleine Bänke befestigt, die jeweils von zwei Pflanzen-Kästen eingerahmt sind, in denen Muskateller-Trauben, Lavendel, Hauswurz und Rosen wachsen. Die Pflanzen scheint das Ordnungsamt als Provokation zu deuten, die sie Haury übelnimmt: "Da Sie sich trotz mündlicher Aufforderung weigern, den Gegenstand aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen, sondern diesen vielmehr mit Bepflanzungsmodulen erweiterten, ist zur Verhinderung weiterer Ordnungswidrigkeiten die Untersagungsverfügung nach pflichtgemäßem Ermessen geboten."
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Johanna Zimmerer
am 27.09.2021