Drei Sekunden, zwei Handgriffe, ein Plakat. Der Kasten öffnet sich, der Kampf um die öffentliche Aufmerksamkeit kann beginnen. Die Sonne bescheint die Werbevitrinen, Firma JCDecaux, zwei auf jeder Seite der Haltestelle Münster Rathaus. Eine ältere Frau mit Wägelchen, Blumen-Hemd und blauer Stoffhose taxiert Hannes und Rico. Ein Mann vom Kiosk gegenüber verfolgt das Treiben ebenfalls. Die beiden nesteln an einem Poster der SSB herum, das NeukundInnen mit einem Freimonat locken möchte. Der erste Versuch: gescheitert. Das Plakat hält nicht. Hannes kramt das doppelseitige Klebeband aus der hinteren Tasche seiner Jeans hervor. Ein 50, vielleicht 60 Zentimeter langer Streifen, dann hängt das neue Poster. Layout, Schriftart, Logo – alles deutet darauf hin, dass die EnBW eine neue Image-Kampagne lanciert.
Die alte Frau mit Wägelchen setzt sich ruckartig in Bewegung, pilgert am frisch bearbeiteten Schaukasten vorbei, hält kurz inne – und läuft weiter. Hannes und Rico rollen das SSB-Poster zusammen und stecken es in die Seite des Kastens. Der dritte im Bunde hält das Ganze filmisch und fotografisch fest. Es geht zurück zum Parkplatz, wo sie sich der neongelben Warnwesten entledigen. Adrenalin? "Schon ein bisschen", sagt Rico. Die beiden heißen eigentlich anders – und sind, trotz Westen – gar keine Mitarbeiter der Firma JCDecaux. Sie sind Klimaaktivisten und wollen, wie Hannes erklärt, "die Verursacher treffen". Zu denen zählt in ihren Augen zum Beispiel die EnBW. Deshalb haben sie Plakate designt, ihre Botschaft formuliert und diese an strategisch relevanten Orten platziert. Adbusting nennt sich diese Aktionsform. In den allermeisten Fällen benutzen es linke AktivistInnen als Werkzeug, um Aufmerksamkeit zu generieren.
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