Auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Einem der wichtigsten Fernsehmagazine den angestammten Sendeplatz, den das Publikum seit Jahrzehnten kennt und wahrnimmt, zu streichen, ihm stattdessen einen kurz vor Mitternacht anzubieten und das als Fortschritt zu verkaufen. Und das alles nicht etwa bei den von der Jagd auf Quoten getriebenen Fernsehsendern wie RTL & Co., sondern im Öffentlich-Rechtlichen, dem Fernsehen also, zu dessen gebührenfinanziertem Kernauftrag die Information gehört und nicht etwa Jux und Dollerei.
Wenn alle schlafen
Die Tochter des Präsidenten des Deutschen Bundestages und Gattin des baden-württembergischen Innenministers, Christine Strobl, sieht zu viel Politik in der ARD, deren Programmdirektorin sie ist. Deshalb will sie Magazine wie "Panorama", "Monitor" oder "Report Mainz" um ein Drittel kürzen, mit dem Argument, dass sie in der ARD-Mediathek keine Quotenbringer seien. Und das ist, wie man weiß, auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Messlatte. Es gibt wenige, die sich dagegen wehren; Georg Restle, der "Monitor"-Leiter ist so einer. Der gebürtige Esslinger spricht an, was der früheren Degeto-Chefin Strobl unterstellt werden darf: die "Entpolitisierung und Trivialisierung" des Programms, einen Angriff auf regelmäßige regierungskritische investigative Berichterstattung.
Einen vorläufigen Höhepunkt setzt die CDU-Frau aber mit dem Plan, den "Weltspiegel" ins nächtliche Abseits zu rücken. Auf die Idee, schreibt Jörg Armbruster in seinem Kontext-Beitrag, müsse man erstmal kommen: Das Erste leistet sich 100 KorrespondentInnen weltweit, die uns erklären sollen, wie diese Welt funktioniert oder auch nicht. Kurz vor Mitternacht sollen sie das tun, wenn alle schlafen. Von Kai Gniffke, dem SWR-Intendanten und Nachrichten-Junkie, sind bisher keine Widerworte zu hören gewesen. Der "Weltspiegel" wird immerhin in seinem Haus mitproduziert. Es heißt, er habe entscheidend mit dazu beigetragen, dass Christine Strobl den ARD-Job gekriegt hat. (jof)
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Wilhelm Brönner
am 13.07.2021