Die Trinkwasserversorgung in vielen entlegenen Gebieten ist heute deutlich besser als noch vor 25 Jahren. Mittlerweile trägt sie sich sogar selbst. Denn die Erfahrung, auf einmal sauberes Wasser zu haben, setzt schlummernde Energien frei. An vielen Orten, so erzählt es Rathgeb, hätte sich "eine Dynamik entwickelt, so dass der Druck auf die eigentlich Verantwortlichen der Kommune oder des Staates wächst". Beispielsweise wenn eine Pumpe kaputt geht und repariert werden muss. "Wir haben den Druck natürlich auch oft forciert", fügt Rathgeb lächelnd hinzu. Von Dorfbewohnern in entlegenen Gebieten hätten sie oft gehört: "Ihr kommt aus 10 000 Kilometern Entfernung jedes Jahr zu uns. Unser Bürgermeister kommt immer nur vor den Wahlen, und dann sieht man ihn nicht mehr."
Rathgeb ist mindestens einmal im Jahr in Brasilien. Mittlerweile wechselt er sich mit dem Co-Vorsitzenden Johann Graf ab, "damit wir jedes Jahr mindestens zweimal da sind." Um mit den Partnern in Kontakt zu sein und – am wichtigsten vielleicht – "um eine Vertrauensbasis herzustellen".
Sich Vertrauen zu erarbeiten, ist ein langwieriger Prozess, weiß Rathgeb. Bei den Kleinbauern gehe das oft schneller als bei den Indios, die die Weißen nach wie vor "als ihre potenziellen Gefährder" sähen. Am Anfang stünden immer stundenlange Versammlungen mit Dorfbewohnern, bei denen die wichtigsten Probleme diskutiert werden, und am Ende überlege man sich, was auf welche Weise gemeinsam angegangen werden könne. "Wenn das dann ein Jahr später auch umgesetzt wird, dann ist das Eis gebrochen, wenn die Leute sehen, dass man nicht nur Sprüche klopft."
Mehr Unterstützung für Indigene und gegen Staudammprojekte
Über die Jahre haben sich die Schwerpunkte von Poema verändert, weil sich auch die Gefahren für den Regenwald gewandelt haben. Waren das anfangs vor allem der Wanderfeldbau der Kleinbauern und die Umwandlung von Urwald in Rinderweiden – letzteres sorgt in Amazonien noch heute für die meisten Zerstörungen –, bedrohen die Wälder heute auch zunehmend große Agrarkonzerne, die Soja und Ölpalmen anbauen, Bergbaufirmen und riesige Staudammprojekte.
"Eine Erkenntnis aus der jahrelangen Arbeit ist", sagt Rathgeb, "dass es ganz wichtig ist, die Bewegungen vor Ort zu unterstützen." Das tut Poema heute verstärkt bei Bewegungen gegen den Bau von Staudämmen oder gegen geplante Goldminen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den indigenen Völkern, "die schon immer Waldschützer waren", so Rathgeb, die aber unter dem Druck von illegalen Holzhändlern und Rinderzüchtern leiden. Bei den in Reservaten lebenden Wajapi- und Kaapor-Indios etwa leistet Poema Hilfe bei grundlegenden Dingen wie Brunnenanlagen, Gesundheitskursen, der Ausbildung indigener Gesundheitshelfer – und beim Engagement, ihre Rechte und ihre Heimat zu verteidigen. Zwei Wajapi-Indios werden nun auch zum Jubiläumsfest am 23. Juni nach Stuttgart kommen.
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