Otto Herbert Hajek (1927 - 2005) war kein brotloser Künstler. 1947 nach Stuttgart gekommen, studierte der gebürtige Böhme bis 1954 Bildhauerei an der örtlichen Kunstakademie und gelangte schnell zu allgemeiner Bekanntheit und zu Aufträgen aus aller Welt. Seine farbigen abstrakten Großplastiken, seine Fassadengestaltungen und seine späteren Stadtikonographien machten ihn zum Wegbereiter moderner Kunst im öffentlichen Raum – und verkauften sich gut.
Jedenfalls konnte der fünffache Familienvater Hajek bereits 1967 ein 15-Zimmer-Haus in bester Stuttgarter Villen- und Aussichtslage erwerben: die Hausnummer 65 an der Hasenbergsteige, eine Villa aus den Zwanziger Jahren mit 350 Quadratmetern Wohnfläche und 27 Ar Grundstück. Und er steckte gleich noch mehr Geld hinein: Seinen Bruder Franz, einen Bauingenieur, ließ er an der Südwestseite des Hauses ein Atelier anbauen, wie es Groß-Künstler wie Hajek brauchen. 500 Quadratmeter auf zwei Etagen, ein Kubus aus schmucklosem Waschbeton, fensterlos, mit Lichtkuppeln in der Decke. "Mein Vater", sagt Sohn Urban Hajek, der als Galerist in Stuttgart firmiert, "brauchte vor allem Wände. Um die Dinge hängen zu können, die trocknen mussten".
Denn der Bildhauer war auch Maler. Und der malte so ziemlich alles an, was ihm unter den Pinsel kam: die Deckenbalken in der Küche gelb, Treppen und Geländer blau, die Schindeln an der Außenwand rot, orange, weiß, gelb und blau. Vielerorts in Stuttgart leuchten diese Hajek-Farben: früher auf dem Kleinen Schlossplatz – bevor der abgerissen wurde, heute noch am Hauptbahnhof vor dem denkmalgeschützten und trotzdem abgerissenen Nordflügel, im Mineralbad Leuze, unterm Fernsehturm und auf dem Waldfriedhof, wo Hajek seit 2005 begraben liegt.
Oldtimer in Hajeks Atelier – ein Kulturskandal
Seit der Mann tot ist, steht das Haus leer. Denn für die Kunst am Privathaus ist seither der Denkmalschutz zuständig. Der hatte sich zwar – nach Darstellung der Unteren Denkmalschutzbehörde im städtischen Bauamt – bereits ab Hajeks Tod im April 2005 mit dem Thema beschäftigt, doch passierte bis Juli 2008 erst mal gar nichts. Dann verschaffte sich die im Regierungspräsidium angesiedelte Obere Denkmalschutzbehörde Zugang zum Gebäude – über ein nicht allein vertretungsberechtigtes Mitglied der Erbengemeinschaft und aufgescheucht von der Bauvoranfrage eines Architekten und einem aufgeregten Artikel in der "Stuttgarter Zeitung". Dass künftig alte Autos in Hajeks Atelier ausgestellt werden sollten, hielt das Blatt für einen Kulturskandal.
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Martin Rupps
am 14.12.2015