"Ich weiß nichts, ich weiß so viel wie Sie. Ich weiß nicht, wer's war, ich weiß nur, dass ich eine Sauerei gehabt habe, und die möcht ich nicht noch mal." Mehr ist aus Ludwig Schülzle nicht herauszubekommen. Der 79-Jährige, schlohweißes Haar, betreibt das örtliche Kino Alb-Lichtspiele. Seit 63 Jahren tut er das, und er verspricht, Filme in bester Qualität in "kuscheliger Atmosphäre" vorzuführen. Damit war es in der Nacht vom 27. auf den 28. April vorbei, als bisher unbekannte Täter rechtsextreme Parolen und Symbole in Burladingen gesprüht haben.
"Verräter" und "Hasta la Vista Antifa" prangte an der vergilbten Kinofassade, die Eingangstüren wurden mit zwei Hakenkreuzen beschmiert. Auch der Polizeiposten und das Rathaus blieben nicht verschont.
Eine Woche zuvor hatte Schülzle die Rechtsrock-Dokumentation "Blut muss fließen – Undercover unter Nazis" von Kontext-Mitarbeiter Thomas Kuban gezeigt. Organisiert von der antifaschistischen <link http: alb-offensive.de.vu _blank>Alb-Offensive. Und jetzt hätte der Film "Elser – er hätte die Welt verändert" laufen sollen. Tut er aber nicht, weil der alte Mann die "Sauereien" an seiner Wand nicht mehr haben will. Im <link http: www.zak.de artikel details burladingen-womoeglich-ein-nazi-problem _blank>"Zollern-Alb-Kurier" ist zu lesen, seine Frau habe Angst vor weiteren Angriffen.
Der Bürgermeister schweigt beharrlich
Gesprächiger ist auch Bürgermeister Harry Ebert (54) nicht. Die Lokalzeitung kriegt kein Statement, Kontext auch nicht, Anfragen werden nicht beantwortet. Mit der Presse, so scheint's, hat er's nicht so, seitdem er verkündet hat, er stehe für "Spannung und Spannungen". Aber: Bei seiner Wiederwahl im März diesen Jahres haben den Parteilosen 83 Prozent der Älbler gewählt, allerdings waren nur 28 Prozent zur Urne gegangen. Manche haben auch Dieter Bohlen ihre Stimme gegeben. Immerhin gibt ein Polizeisprecher Laut. Er sagt, "das Recht muss dem Unrecht nicht weichen", weshalb jetzt die Abteilung Staatsschutz der Kripo Rottweil ermittelt, wegen des Verdachts einer politisch motivierten Straftat.
Alexander Schülzle, Fraktionschef der Freien Wähler im Gemeinderat, in dem sonst nur noch die CDU sitzt, macht sich auch seine Gedanken. Man habe schon fast mit einer Reaktion der Rechten gerechnet nach der Filmvorführung durch die Alb-Offensive, sagt er. Dass der alte Schülzle nun "Elser" nicht mehr zeigen will, könne er zwar verstehen, halte es aber für das falsche Signal nach außen. Andererseits wolle er auch "keinen Schnellschuss" abgeben. Und dann gebe es da noch das <link http: www.kompetentvorort.de beratung-vor-ort albbuendnis _blank>"Albbündnis", ein Netzwerk für Menschenfreundlichkeit , in dem man besprechen werde, wie man angemessen reagieren soll.
Burladingen, an der B 32 zwischen Hechingen und Gammertingen gelegen, ist ein kleines Städtchen mit großer Straße. An der "Sonnenseite der Alb" daheim, laut Eigenwerbung. Nur 243 Arbeitslose bei rund 12 000 Einwohnern. Burladingen ist vor allem Trigema, der Laden des Wolfgang Grupp mit deutschen T-Shirts und der Schimpansenwerbung. Und es ist ein konservatives Städtchen, in dem sich, bei der letzten Kommunalwahl, die CDU 65 Prozent und die Freien Wähler die restlichen 35 Prozent der Stimmen teilen. Warum also sprühen hier die Nazis ihre Parolen, und warum regt sich scheinbar niemand so richtig drüber auf?
Die CDU will Schaden von der Heimatgemeinde abwenden
Unterwegs lesen wir, dass die Burladinger CDU inzwischen eine Erklärung abgegeben hat. Nach einer knappen Woche Bedenkzeit – man wolle den Tätern nicht noch mehr Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. "Wir Christdemokraten halten es für notwendig und wichtig, parteiübergreifend klar gegen diese Ausschreitungen Stellung zu beziehen, nicht zuletzt auch, damit weiterer Schaden für das Ansehen unserer Heimatgemeinde vermieden wird", formuliert die CDU ganz staatstragend.
9 Kommentare verfügbar
Sigmar Schuler
am 23.05.2015Habe hier bei KONTEXT unter der Überschrift "Schafft eins, zwei, viele Dörfer im Widerstand" inzwischen einen Text gefunden, der sich zumindest indirekt damit befasst, dass inzwischen in Burladingen im Kino derFilm gezeigt wurde. Dummerweise ist dieser Text über den Suchbegriff…