Mitte September hatten wir über die Chemikalie TFA im Neckar berichtet, betroffen ist das Trinkwasser vieler Gemeinden in Baden-Württemberg. Die "Weinheimer Nachrichten" haben das Thema nun aufgegriffen und schreiben, dass der Kreisrat Carsten Labudda (Linke) beim Landratsamt im Rhein-Neckar-Kreis nachgefragt habe, was es damit auf sich hat. Landrat Stefan Dallinger (CDU) hat geantwortet: Ja, im Neckar im Kreisgebiet befinden sich zwischen einem und fünf Mikrogramm TFA pro Liter Flusswasser. Eingeleitet vor allem von der Chemiefirma Solvay in Bad Wimpfen, die jeden Tag 24 Kilo des PFAS-Abbauprodukts in den Neckar entsorgen darf. Das Landrats- und das Gesundheitsamt sehen keine Gefahr, wissen aber, dass Trinkwasserbrunnen im Uferbereich dadurch kontaminiert werden. Oder in den Worten Dallingers: Die Qualität des Neckarwassers habe "zeitverzögert und in abgeschwächter Form Einfluss auf ufernahe Trinkwasserbrunnen." Dort werde regelmäßig gemessen, sagt der Landrat, die Belastung liege aber unter dem Grenzwert von 60 Mikrogramm pro Liter.
Tatsächlich lag der Grenzwert früher mal bei nur drei Mikrogramm. Bis 2016 ein Doktorand aus Neugierde das Wasser des Neckars in seinem Heimatort Edingen-Neckarhausen, ebenfalls im Rhein-Neckar-Kreis, untersucht hatte. "Das Resultat schlug ein wie eine Bombe", schreibt unser Autor in seinem Artikel. "Zunächst hielt man es für einen Messfehler, doch sämtliche Nachmessungen bestätigten das schockierende Ergebnis: über 20 Mikrogramm pro Liter der PFAS-Chemikalie Trifluoracetat (TFA) im Trinkwasser." Der betroffene Brunnen wurde subito vom Netz genommen.
Und dann – wurde der Grenzwert einfach auf 30 Mikrogramm hochgesetzt und schließlich auf 60, weil Ewigkeitschemikalien eh nicht mehr aus dem Wasser gefiltert werden können, sich dort anreichern und niemand eine Idee hat, was dagegen zu tun ist. Ob es einen Plan gebe, das Chemiezeug aus dem Wasser zu bekommen, wollte Labudda wissen. Konzepte lägen dem Kreis nicht vor, war die Antwort, und zuständig sei sowieso das Regierungspräsidium Stuttgart. Gunter Haug, Autor der Kontext-PFAS-Geschichte, ärgert sich: Schon wieder würde das Problem vom einen zum nächsten geschoben! Und tatsächlich bleibt die Frage: Wer tut eigentlich wann was dagegen, dass sehr viele Menschen Wasser mit Ewigkeitschemikalien drin nutzen müssen? Wir jedenfalls bleiben am Thema dran.
Und noch eine Frage drängt sich derzeit auf, die Kontext den Ballettbegeisterten in und um Stuttgart ans Herz legen möchte: Wer hat's erfunden? Die Schweizer, Rico... – nein, so einfach ist das nicht: "Als am 20. September in der Stuttgarter Oper der Film 'Cranko' von Joachim Lang Premiere feierte, lagen ihm die Ballettfans zu Füßen. Einer allerdings ist sauer: Thomas Aders. Er hat vor vier Jahren einen Roman über Cranko veröffentlicht und findet: Der Film ist seinem Buch erstaunlich ähnlich", schreibt unsere Redakteurin Gesa von Leesen.
Auch ein Familienvater aus der alten Wohnsiedlung auf der Esslinger Flandernhöhe stellt sich derzeit eine sehr elementare Frage: "Wie soll man sich das leisten mit Mindestlohn?" Momentan zahlt die Familie für ihre Mietwohnung 560 Euro warm. Das aktuelle Zuhause soll einem neuen und nachhaltigen Stadtviertel weichen, auch ein Projekt unter dem Dach des Mietshäuser-Syndikats wird dort gebaut. Die derzeitigen Mieter:innen, darunter sehr viele Migrant:innen, sollen "entmietet" werden. Unter 1.000 Euro aber findet die Familie keine neue Wohnung, klagt der Vater. Und schon wieder drängen sich Fragen auf: Was ist nun wichtiger? Dass die aktuellen Mieter:innen zu bezahlbaren Mieten weiter dort wohnen dürfen? Oder dass ein neues Quartier gebaut wird?
Eine der wichtigsten Fragen dieser Zeit überhaupt ist wohl die: Was tun gegen den Rechtsruck? Das wird Kontext am 29. Oktober im Kulturzentrum Merlin diskutieren und hoffentlich ein paar praktikable Antworten destillieren. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr, Einlass ist um 18.30 Uhr, Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei.
1 Kommentar verfügbar
gerhard manthey
am 16.10.2024