Es ist wie mit allen Dingen unseres Lebens. Wenn wir sie nicht mit Sorgfalt, Achtsamkeit, Energie und Ausdauer pflegen, werden sie sich so verändern, dass wir eines Tages feststellen: "Das ist nicht mehr das, was wir gewollt haben!" Dies ist dann meist ein Zeitpunkt, an dem es schon zum Schlechten steht. Wegwerfen, neu kaufen ist der nächste Gedanke in unserer Wegwerfgesellschaft. Oder einfach Abo abbestellen.
Mit der Pressefreiheit geht das nicht. Wenn die alte verschwunden ist, können wir uns keine neue kaufen. Aber es steht nie so schlecht, dass es nicht den Versuch wert wäre, wieder etwas zu verändern und zu verbessern. Im Kleinen wie im Großen. Kontext, die Bewegung, die Redaktion, die Leserinnen, Förderer, Sympathisanten haben festgestellt: Eine neue Zeitung muss her, die Pressefreiheit im Kleinen wieder praktiziert. Kapitalinteressen haben hier keinen Einfluss auf den redaktionellen Inhalt. Deshalb kämpft David für Goliath.
So wie jeden Montag auf den Demos gegen S 21 Demokraten gegen ein Bauwerk kämpfen, das mit allen Gesetzen des Staates gebaut wird. Und gleichzeitig muss ein Bürger Zorn, Ohnmacht und Empörung empfinden, wie wenig die einst blutig vom Volk gegen die Obrigkeit erkämpfte Demokratie wirklich stattfindet und fundierter Widerspruch ungehört bleibt. Mit der täglich anzutreffenden Pressefreiheit um uns herum ist es das Gleiche.
Etwa 60 Redakteurinnen und Redakteure, Beschäftigte, Gewerkschafter protestierten vergangenen Freitag gegen den "Irrweg von Stuttgart", nämlich die beiden Redaktionen von "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten" zusammenzulegen – bis zum März 2016. Das ist der Stichmonat für den neu zu wählenden Landtag in Baden-Württemberg.
Pressefreiheit ist nicht umsonst
Es geht um Pressefreiheit in diesem Land, in dieser Stadt, in dieser Politik. Und wenn wir dieses Lebensmittel Pressefreiheit nicht noch mehr verderben lassen wollen, dann müssen wir uns regen. Dabei wird auch mit dem weit verbreiteten Irrtum aufgeräumt werden müssen, dass es Pressefreiheit umsonst gäbe, dass sie nichts koste.
Pressefreiheit kostet erheblich. Doch der bezahlte Preis für sie fließt nicht in ihre Pflege, sondern zum Zukauf neuer Zeitungen für wenige Konzernbesitzer. Unabhängigkeit in der Pressefreiheit kostet sehr viel. Denn um dem Anspruch der Pressefreiheit zu genügen, braucht es ausreichend vernünftig bezahlte freie Mitarbeiter, Redakteurinnen, Angestellte, Autorinnen, die uns die komplizierte und so vielfach verwobene Welt ablichten und von allen Blickwinkeln nachvollziehbar bewerten.
"David kämpft für Goliath" hat auch zum Ziel, Kontext größer und besser werden zu lassen und dabei alle auch dafür zu begeistern, politisch den Weg zu beschreiten, dass die Rückeroberung der Pressefreiheit in dieser Stadt und in diesem Land gelingt. Und dazu brauchen wir viele Bürgerinnen und Bürger, die dabei helfen, diese Interessen in die Politik zu tragen. Der Landtagswahlkampf ist die beste Zeit, jene, die im Namen der Bürgerinnen und Bürger regieren wollen, beim Wort zu nehmen: Politiker, wie hältst du es mit der Pressefreiheit?
15 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 17.11.2016Es ist wie mit allen Dingen unseres Lebens. Wenn wir sie nicht mit Sorgfalt, Achtsamkeit, Energie und Ausdauer pflegen, werden sie sich so verändern, dass wir eines Tages feststellen: "Das ist nicht mehr das, was wir gewollt haben!"
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