Am 15. März, dem internationalen Tag gegen Polizeigewalt, fand auf dem Marktplatz in Mannheim eine Kundgebung in Gedenken an Ante P. statt. Der 47-Jährige starb hier am 2. Mai 2022, nachdem zwei Polizeibeamte versuchten, ihn ins Institut für Seelische Gesundheit zu bringen. Dafür setzten die Beamten Pfefferspray ein, brachten P. in Bauchlage, knieten auf ihm und verschlossen seine Hände mit Handschellen auf seinem Rücken. Während Ante P. auf dem Boden lag, schlug ihm ein Polizist viermal an den Kopf. Vor Gericht wurde den von der Verteidigung zusätzlich beauftragten Rechtsmediziner:innen Glauben geschenkt. Sie kamen zu dem Schluss, Ante P. sei an einem plötzlichen Herzversagen gestorben und die äußeren Umstände seien dafür bedeutungslos. Daraufhin wurde ein Polizist freigesprochen, der andere muss eine Geldstrafe von 6.000 Euro zahlen, wobei das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Denn die Nebenklage, Mutter und Schwester von Ante P., hat Revision eingelegt.
Zwei Wochen nach Urteilsverkündung am Landgericht sprach Antonia P., die Schwester des verstorbenen Ante, auf der Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz. "Müssen denn jetzt alle Familien, in denen sich ein psychisch erkrankter Angehöriger befindet, Angst haben, dass so etwas auch ihren Familienmitgliedern passieren kann?", fragte sie und betonte, dass doch gerade diese Menschen "von Staats wegen in besonderer Weise geschützt gehören". Neben Antonia P. sprachen weitere Angehörige von Menschen, die während Polizeieinsätzen starben. Beispielsweise die Brüder von Mouhamed Lamine Dramé, der 2022 in Dortmund Schussverletzungen erlag. Er wurde sechzehn Jahre alt, auch er befand sich in einer psychischen Ausnahmesituation. Dramé war gerade eine Woche lang in Deutschland, geflohen aus dem Senegal und traumatisiert, als auf dem Gelände einer Jugendhilfeeinrichtung ein Polizist sechs Schüsse aus einer Maschinenpistole auf ihn abfeuerte. Seit Dezember läuft das Gerichtsverfahren gegen fünf Polizeibeamt:innen wegen Totschlags, gefährlicher Körperverletzung im Amt sowie Anstiftung dazu.
Es geht um Solidarität und Deutungshoheit
Der Prozess in Dortmund wird außer von Medien auch von der Initiative "Solidaritätskreis Justice4Mouhamed" begleitet. Ähnlich wie in Mannheim, wo sich nach dem Tod von Ante P. die "Initiative 2. Mai" gründete. Sie hatte die Kundgebung Mitte März organisiert und mit einem breiten Bündnis aus achtzehn Kooperationspartner:innen dazu aufgerufen.
Die Arbeit der "Initiative 2. Mai" zeichnet sich dadurch aus, dass sie versucht, andere Wege der Trauer und des politischen Aktivismus auszuprobieren. Sei es mit der Veröffentlichung eines Gedichts der Lyrikerin Esther Dischereit zum Andenken an Ante P. oder mit einer Online-Ausstellung mit Tuschezeichnungen, die über Ante P. erzählen, aber auch die Forderungen der Initiative bebildern.
Bei der Kundgebung sprachen ganz unterschiedliche Menschen mit vielfältigen Perspektiven. Es wurden schwarze Luftballons steigen gelassen, die Stuttgarter Künstlerin Ülkü Süngün lud alle Menschen dazu ein, bei einer Gedenk-Performance mitzumachen, es gab Live-Musik. Vor allem die Reden der Angehörigen von Opfern von tödlicher Polizeigewalt wurden von Teilnehmenden als "sehr berührend" beschrieben.
1 Kommentar verfügbar
Bernd Letta
am 05.04.2024Da war doch was:
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-kritischer-polizist-wird-gemobbt.1a2578b8-587c…