Als der Pushback zum Unwort des vergangenen Jahres gekürt wurde, taten sich in den Reihen nichtstaatlicher Hilfsorganisationen Fragen auf. Schließlich hatte die Jury die unreflektierte Nutzung des Wortes gerade "auch bei KritikerInnen der Maßnahmen" bemängelt. Half man selber mit, die brutale Grenzpolitik der EU zu bagatellisieren? Der sich eröffnende Diskurs blieb leider schnell an pragmatischer Stelle stecken; bei der Frage nach Alternativen, wie sie auch Migrationsforscher und AlarmPhone-Aktivist Maurice Stierl auf Twitter formuliert: "Ich selbst bin in dieser Frage zwiegespalten. Pushback beschreibt ziemlich akkurat eine Praxis, die an den EU-Grenzen normalisiert wurde, und ist rechtlich untermauert. Für mich verharmlost es auch nicht unbedingt die Gewalt, die damit einhergeht. Welche anderen Begriffe wären besser?"
Die Frage nach Alternativen erstmal außen vor, betrachten wir kurz die Treffsicherheit des Begriffes: Ja, "to push back", also das zurückdrängen oder zurückschieben, beschreibt in gewisser Hinsicht akkurat, worum es geht – um das Zurückdrängen von Schutzsuchenden an einer Staatsgrenze. Das Wort beschränkt sich allerdings auf den technischen Vorgang und lässt die Implikationen für die Betroffenen weitgehend außen vor, wie auch die Unwort-Jury kritisiert. Es werden nicht Menschen unter Zwang in ein Land zurückgebracht aus dem sie gerade geflohen waren, nein: ein Pushback fand statt. Dass diese beiden Vorgänge in den Köpfen derer, die sich tagtäglich mit den tragischen, teils tödlichen Konsequenzen dieser Form staatlicher Gewalt beschäftigen deckungsgleich sind, tut für das öffentliche Verständnis wenig zur Sache. Auch wird unterschlagen, dass Pushbacks gegen internationales Recht verstoßen – wobei sie dort unter dem französischen Äquivalent "Refoulement" rangieren.
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