Jetzt leben wir schon mehr als sechs Wochen mit Corona-bedingten Einschränkungen. Und wir werden es wohl noch lange tun müssen, bevor ein wirksamer Impfstoff für alle zur Verfügung steht. In dieser Zeit haben Bund und Länder drastisch in unser Leben eingegriffen und mit unvorstellbar großen Hilfsmaßnahmen versucht, das Gesundheitswesen zu stützen, und Arbeitslosenzahlen, Firmenzusammenbrüche und Existenzvernichtungen gigantischen Ausmaßen zu verhindern.
Heute lässt sich feststellen: Die meisten Menschen machen mit, aus Schock, Angst oder Einsicht. Sie haben damit die aktuellen Erfolge möglich gemacht. Zustände wie in manchen Nachbarländern haben wir nicht, die Infektions- und Todeszahlen steigen weniger und die Intensivstationen in den Krankenhäusern sind nicht überlastet.
Die hohe Zustimmung dokumentiert Vertrauen in Politik und die dort Handelnden, und bringt Kritiker ins Grübeln, die meinten, es könne nicht weit her sein mit Demokratie und Grundrechtsbewusstsein, kurz: in Zeiten von Bedrohung und Gefahr träten Untertanengeist und Obrigkeitsdenken wieder in den Vordergrund. Einige malten gar Carl Schmitt unseligen Angedenkens an die Wand.
Ist da was dran? Nun, wer heute die Diskussionen in der Öffentlichkeit, in Radio, Fernsehen und Printmedien, aber auch in den sogenannten sozialen Medien verfolgt, der kann feststellen: Der Normalzustand in unserer Demokratie ist wieder erreicht, die Einmütigkeit längst durch die üblichen Auseinandersetzungen verdrängt.
Im Grundsatz begrüße ich das, denn Demokratie ohne Meinungsstreit ist keine. Und jeder Eingriff in unsere Grundrechte muss gerechtfertigt sein. Und braucht Kontrolle. Und darf nur vorläufig sein, solange die Gefahr andauert. Schließlich haben wir in den letzten Jahrzehnten gelernt, wie leicht Menschen durch Schock, Angst und Existenzbedrohung manipulierbar sind.
Menschen mit Vermögen sollen zahlen
Allerdings könnte ich auf die eitlen Besserwisser unter Politikern und Experten verzichten, die mittlerweile kaum mehr Substanzielles von sich geben, deren interessengeleitete Meinung jeder kennt und deren persönliche Befindlichkeit niemand interessiert. Sie fanden zu Beginn der Corona-Krise kaum Gehör. Jetzt sind sie wieder da – auch in den Talkshows. Und jetzt gilt dort wieder: Nur der mit den steilsten Thesen kriegt Aufmerksamkeit.
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Verena Saisl
am 29.04.2020"In der Diskussion sind zwei unterschiedliche Anti-Corona-Apps: Tracing-Apps, die Kontakte aufzeichnen,…