Was war vorgefallen?
Der Mann hatte eine Prostituierte gebucht und sie hernach wegen Betrugs angezeigt. Vor Gericht schildert er, sie habe den Geschlechtsverkehr abrupt unterbrochen und sei gegangen. Sie sagt, er habe diverse Extras gebucht, und da er nicht draufzahlen wolle, habe sie ihm die Zeit verkürzt. Die Richterin glaubt dem Freier. Der Prozess wird eingestellt – gegen die Zahlung von 500 Euro, die die Prostituierte leisten muss.
So unglaublich das klingt, es ist kein Einzelfall. Immer mehr Freier versuchen, Frauen in der Prostitution zu verklagen. Sie fühlen sich damit so dermaßen im Recht, dass sie sogar dann vor den Kadi gehen, wenn sie selber Ordnungswidrigkeiten begangen haben. Wie der Freier aus oben genanntem Fall, der Oralverkehr ohne Kondom einforderte: das ist ein Verstoß gegen die Kondompflicht. Freier verklagen Prostituierte, weil ihnen die Art des Verkehrs nicht gefiel und sie zu früh gekommen sind. Ein 14-Jähriger, der sich als wesentlich älter ausgegeben hatte, rief kürzlich die Polizei, weil er für 20 Euro nicht "genug" bekommen habe. Das Traurige ist, dass Prostituierte noch froh sein können, wenn sie nur vor Gericht landen und wegen der von den Freiern empfundenen "Schlechtleistung" nicht auch noch verprügelt, ausgeraubt und getötet werden.
Woran liegt das?
Es liegt zum einen an der Prostitution selbst, die Sexualität als etwas definiert, das Männer fordern können und das Frauen liefern müssen. Es ist eine ekelhafte Verquickung patriarchaler Denkmuster mit der vollen Breitseite des Kapitalismus. Denn immer noch haben Männer mehr (ökonomische) Macht als Frauen, immer noch setzen sie diese ein, um sich sexuellen Zugang zu Frauen zu verschaffen, die freiwillig nicht mit ihnen ins Bett gehen würden.
Wirft man einen Blick in die Kommentarspalten zu dem Gerichtsfall, liest man von all den knallharten und eiskalten Vermutungen, ob die "sexuelle Dienstleistung" jetzt "korrekt erbracht" wurde oder nicht, bekommt man eine Ahnung davon, wessen Sexualität es ist, die hier befreit wird. Die des Mannes. Und zwar befreit von Empathie und Respekt und mit einem Blick auf Frauen, der sie nicht als Menschen sieht sondern als Sexablieferungsmaschinen.
3 Kommentare verfügbar
IvB
am 16.07.2020Frauen sind Menschen, keine Dinge oder Sachen, nicht einmal Tiere. Selbst mit denen wird oft besser umgegangen.
Wenn es ihn nicht einmal stört, wenn sie…