Statt Kondome zu verteilen, sprach Sabine Constabel immer öfter in Kameras. Statt sich um die Not der Sexarbeiterinnen im Stuttgarter Leonhardsviertel zu kümmern, stand sie in den vergangenen Wochen Journalisten Rede und Antwort. Von Spiegel-TV bis Rosa von Praunheim pilgerten sie ins Prositutiertencafé La Strada und wollten von der Sozialarbeiterin wissen: Stimmt es, dass das einst von Rot-Grün gemachte Gesetz Zwangsprostitution und Menschenhandel begünstigt hat?
Frau Constabel hat geredet, auch wenn sie sich lieber um "meine Frauen" kümmert und eigentlich eher kamerascheu ist. Sie weiß: Nur durch Öffentlichkeit besteht eine Chance, dass endlich ein gesetzlicher Rahmen geschaffen wird, der die Frauen nicht zum Freiwild werden lässt und der Polizei mehr Kontrollmöglichkeiten gibt. Und nun der neue Versuch der Merkel-Regierung. "Er kann das Elend nicht mindern", sagt Constabel. Und das klingt resigniert.
Derselben Meinung ist Herta Däubler-Gmelin. "Ich halte die jetzige gesetzliche Veränderung für keineswegs ausreichend", sagt sie auf Anfrage von Kontext, "sie wird den Frauen weder richtig helfen, noch ihnen Chancen einräumen." Sie war damals Justizministerin in der rot-grünen Koalition, aber nie eine Freundin der neuen Regelung. Darauf legt sie heute Wert. "Ich habe das rot-grüne Gesetz von 2002 nie gefördert oder mitgetragen – es wurde auch nicht von mir als Justizministerin eingebracht", sagt die SPD-Politikerin aus Dusslingen. Sie habe nichts dagegen unternehmen können, "da insbesondere unsere grünen Freunde, aber auch der Berichterstatter der SPD ihre guten Absichten irrtümlich für die Realität gehalten haben." Will sagen: gut gemeint, schlecht gemacht. Was nichts daran ändert, dass sie als damalige Justizministerin die Verantwortung für das Gesetz getragen hat.
In 40 Jahren keine glückliche Hure getroffen
Däubler-Gmelin nimmt für sich in Anspruch, die Wirklichkeit zu kennen. Seit mehr als 40 Jahren engagiert sich die Ex-Justizministerin bei der Hilfsorganisation Solwodi, die sich um Zwangsprostituierte kümmert. "In diesen Jahren habe ich noch nie glückliche oder wirklich selbstbestimmte Prostituierte getroffen", bilanziert die Sozialdemokratin.
Die Liberalisierung des Gesetzes unter Rot-Grün hatte das Ziel, Prostituierte nicht länger zu diskriminieren, sie vom Rand in die Mitte der Gesellschaft zu holen und aus dem Sexgeschäft eine normale, versicherungspflichtige Arbeit zu machen. Doch seitdem fehlt der Polizei jede Handhabe, gegen Zuhälter vorzugehen und in Bordellen und Laufhäusern zu kontrollieren. Neu ist jetzt nur die Änderung des Gewerberechts, das auf die Puffs angewandt wird. Ob Prostituierte damit vor Menschenhandel und Zwangsprostitution geschützt sind, darf füglich bezweifelt werden, weshalb SPD, Grüne und Linke das Gesetz als völlig unzureichend ablehnen. Großes Getöse, wenig Resultate.
4 Kommentare verfügbar
Anna
am 03.09.2013Nein. *Niemand* hat ein Recht auf Sex.
Sex haben darf man niemals gegen den Willen eines anderen.
Vergewaltigung ist verboten.
Stellen Sie sich vor, es gibt jemanden, mit dem niemand auf der Welt schlafen möchte, aus irgendeinem Grund. Darf…