Wenn man ein wenig über Hans-Georg Maaßen recherchiert, stößt man schnell auf den Prototypen eines blutleeren Technokraten, wie ihn juristische Fakultäten leider immer noch zuhauf produzieren. Wer den Juristen und Beamten Maaßen im Ansatz verstehen will, dem sei <link https: de.scribd.com document maassen-kirchenasyl external-link-new-window>ein Blick in einen Fachaufsatz empfohlen, den er 1998 als Beamter im Bundesinnenministerium zum Thema "Kirchenasyl" verfasst hatte. Dass er dieses als eine Form der "Selbstjustiz" ablehnt, überrascht nicht. Aber dass er Gemeindemitgliedern, die sich für ein Kirchenasyl einsetzen, sogar die "Bildung einer kriminellen Vereinigung" vorwirft, ist schon harter Tobak.

Posiert vor dem Bundesadler: Hans-Georg Maaßen. Foto: Bundesministerium des Innern/Sandy Thieme, CC BY-SA 3.0 de
Drei Jahre später sollte Maaßen im Auftrag der Bundesregierung für das Bundesinnenministerium ein Gutachten über den Fall "Murat Kurnaz" erstellen – den aus Bremen stammenden türkischen Staatsbürger, der 2001 bei einem Aufenthalt in Pakistan gekidnappt, als "Terror-Verdächtiger" an das US-Militär verkauft und daraufhin ohne Anklage von den USA im Folterlager Guantanamo interniert wurde. Maaßen erklärte in seinem an Zynismus kaum zu übertreffenden Gutachten, Kurnaz sei durch die Internierung in Guantanamo nun schließlich mehr als sechs Monate außer Landes gewesen, ohne dies den deutschen Behörden zu melden und habe damit sein unbegrenztes Aufenthaltsrecht verloren. Daher konnten die USA, die offenbar recht früh von Kurnaz' Unschuld überzeugt waren, ihn nicht nach Deutschland überstellen. Erst vier Jahre später konnte Kurnaz, nachdem <link https: dejure.org dienste vernetzung external-link-new-window>ein deutsches Gericht Maaßens Gutachten förmlich in der Luft zerrissen hatte, nach Deutschland entlassen werden. Vier Jahre Folter. Die ehemalige Justizministerin Däubler-Gmelin bezeichnet das gesamte Gutachten später im Einklang mit vielen Jura-Professoren als "falsch, empörend und unmenschlich". Aufgrund dieser menschenverachtenden Minderleistung wurde Maaßen später übrigens sogar <link http: www.taz.de external-link-new-window>eine Honorarprofessur an der FU Berlin verweigert.
Die eigentliche Frage ist also, wie der Ministerialbeamte Maaßen, der durch seine reaktionäre Auslegung des Rechts immer wieder aneckte, überhaupt zum Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) ernannt werden konnte. Diese Frage kann wohl nur Hans-Peter Friedrich (CSU) beantworten, der ihn 2012 als zuständiger Bundesinnenminister in das Amt berufen hat. Offenbar suchte Friedrich einen Bruder im Geiste, der ebenfalls hart am rechten Rand segelt und das Grundgesetz politisch variabel interpretiert. Als Präsident des Verfassungsschutzes ist ein Mann, der die Verfassung selbst gerne politisch nutzt, jedoch denkbar ungeeignet.
Katastrophale Bilanz
Auch im neuen Amt ließ Maaßen kein Fettnäpfchen aus. Erst <link http: www.taz.de external-link-new-window>beschämte er die Opfer im NSU-Untersuchungssauschuss, indem er das Versagen des Verfassungsschutzes negierte und <link http: www.taz.de verfassungsschutzchef-maassen external-link-new-window>jegliche Mitverantwortung für die Morde abgestritten hatte. Dann veranlasste er eine Anzeige wegen "Landfriedensbruchs" gegen die Journalisten von "netzpolitik.org", die interne Dokumente veröffentlichten, nach denen sein Amt mit großem Budget an einer Einheit zur "Massendatenerfassung" in den Sozialen Netzwerken arbeite. <link https: www.deutschlandfunk.de external-link-new-window>Die Kritik an Maaßens Vorgehen war massiv, der ehemalige Innenminister Gerhard Baum <link https: www.br.de nachrichten das-wichtigste external-link-new-window>nannte ihn damals gar einen "Brandstifter".
Maaßen ging es aus heutiger Perspektive jedoch nicht um "netzpolitik.org", sondern um einen Warnschuss gegen die Politik, die den Verfassungsschutz stärker kontrollieren wollte. Kurze Zeit später schockierte Maaßen erneut – diesmal im NSA-Untersuchungsausschuss. Dort nannte er Edward Snowden <link https: www.heise.de newsticker meldung verfassungsschutzchef-maassen-snowden-arbeitet-wohl-fuer-moskau-3234573.html external-link-new-window>einen Verräter, der "mit hoher Plausibilität ein russischer Agent" sei. Beweise hatte Maaßen dafür freilich nicht. Genau genommen hatte er für diese unglaubliche Aussage noch nicht einmal Indizien. Es ist nicht hinnehmbar, dass der Chef eines Inlandsgeheimdienstes einen Whistleblower und Informanten, der auch schwerste Verbrechen gegen die deutsche Verfassung durch US-Dienste offengelegt hat, als eigentliches Problem und "Verräter" bezeichnet, jedoch keinen Finger rührt, um gegen die Grundrechte verletzenden US-Dienste vorzugehen.
Hat Maaßen der Kanzlerin noch in Sachen Kurnaz, NSU und NSA den Rücken freigehalten, fiel er ihr bei der Flüchtlingskrise in den selbigen. Maaßen gehörte damals zu den lautesten Kritikern von Merkels Politik der offenen Grenzen, mit der zehntausende Menschen ohne behördliche Prüfung ins Land kamen. Dies wiederum ist inhaltlich nicht zu kritisieren, denn gerade als Präsident des Verfassungsschutzes musste Maaßen diese zeitweilige Rechtsfreiheit ankreiden. Das allein macht ihn nicht zu einem AfD-Sympathisanten, ist jedoch ein Indiz dafür, dass der Hardliner, der politisch bislang eher am rechten Rand der CSU zu verorten war, nun möglicherweise Sympathien für die Partei entwickelte.
Aussage steht gegen Aussage – Maaßen wird vermutlich bleiben
Das ist es zumindest, was die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber behauptet. Demnach habe Maaßen 2015 zweimal die ehemalige AfD-Sprecherin Frauke Petry eingeladen, um ihr Ratschläge zu erteilen, wie die AfD eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz oder eine Nennung im Verfassungsschutzbericht vermeiden könne. Dafür müsse sie – so Schreiber, die eine eidesstattliche Erklärung vorgelegt hat, um ihre Aussagen zu untermauern – lediglich ein Parteiausschlussverfahren gegen den Rechtsaußen Björn Höcke einleiten und sich zumindest oberflächlich von besonders rechten Landesverbänden distanzieren. Genau so kam es dann auch und <link http: www.taz.de external-link-new-window>nach Aussagen der taz hat sich Petry offenbar auch im AfD-Bundesvorstand öfter auf "Tipps von Maaßen" berufen. Das ist an sich noch kein Skandal. Es wäre jedoch einer, wenn Maaßens Beratung nicht professioneller Natur wäre, sondern eine Art Sympathiebekundung. AfD-Aussteigerin Schreiber erklärte nämlich auch, "dass Frauke Petry [ihr] gegenüber mehrfach erwähnte, dass die AfD Glück habe, mit Hans-Georg Maaßen jemanden als Chef des Verfassungsschutzes zu haben, der der Partei wohlgesonnen sei und daher eine Beobachtung vermeiden wolle, und dass man diesen Vorteil nicht verspielen dürfe". Sollte sich dies bestätigen, wäre Maaßen nicht mehr haltbar.
4 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 30.08.2018Snowden als russischen Agenten diffamieren . Hat übrigens die gesamte MSM liebend gerne übernommen . Angefangen hat damit übrigens die Washington Post , wo Snowden indirekt, neben Spiegel und Guardian, exklusiv veröffentlichen ließ. Soviel…