Die SPD ist schon lange keine Partei mehr, die mit gereckten Fäusten und dem Adjektiv "kämpferisch" assoziiert werden kann. Seit der Ära Willy Brandt suhlen sich viele GenossInnen im Heimweh nach einer Zeit, in der "soziale Gerechtigkeit" noch ein politisches Ideal war und nicht nur eine Wahlkampfparole. Spätestens mit Cohiba-Kanzler Gerhard Schröder ("Genosse der Bosse") versanken die einstigen Ideale im Treibsand von Geld und Machterhalt. Mit dem Wahlhammer (12,7 Prozent) der Landes-SPD im März dieses Jahres schmerzen die verklärenden Erinnerungen an bessere Zeit wie nie zuvor. Seitdem oszilliert die einstige große Volkspartei gerade in Baden-Württemberg zwischen Ratlosigkeit und Profilsuche, ist zu einem gesellschaftspolitischen Wurmfortsatz verkommen, den die Mitte-Menschen nicht mehr zu brauchen scheinen. 90 000 Ex-SPD-WählerInnen machten ihr Kreuz bei der vergangenen Landtagswahl lieber bei der Alternative für Deutschland.
Ihre Mitte hat die SPD im doppelten Wortsinn verloren. Ihre eigene nämlich und die gesellschaftliche Gruppe, die sie einst als ihre WählerInnen ausmachte. Sie zurückgewinnen hat jetzt oberste Priorität. Als Nils Schmid als Vorsitzender nach der Wahlschlappe die Segel streicht und niemand Bock auf Porsche-Betriebsratsvorsitzenden Uwe Hück hat, tritt Verdi-Chefin Leni Breymaier auf den Plan. Doch die Personalie Breymaier droht den Partei-Wagen durch interne Streitigkeiten noch tiefer in den Matsch zu fahren. "Zu links", "zu emotional", zu wenig Mitte-geeignet. Dass sie die bis vor Kurzem unbekannte, junge Ex-Vizelandeschefin der Jusos, Luisa Boos, beinhart als ihre Generalsekretärin einfordert, wird von vielen Parteimitgliedern als unnötig stressige Haudrauf-Aktion begriffen.
Die Angst vor dem Links-Gespenst
Das versetzt nicht nur Landesfraktionschef Andreas Storch subito in eine Panikattacke ob des gefürchteten Linksrucks. Doch das Links-Gespenst, das alle Stochs und Hücks in der Partei umherschleichen sehen, ist womöglich genau das, was die Sozialdemokratie wieder braucht: eine Identifikationsfigur, die für Werte steht, von denen viele schon gar nicht mehr wissen, dass sie einmal fester Bestandteil der SPD war.
Mit Breymaier bekommt die zerschossene Partei eine Frau, die es sich traut, die "Mitte" wieder zurückzuerobern, statt sich ihrer, als monolithisch begriffene Gesellschaftsschicht, affirmativ annähern zu wollen. Die Sorge um "die Mitte", die sich vom Linksruck der SPD abschrecken lassen könnte, scheint ohnehin absurd in Anbetracht von Abertausenden AfD-WählerInnen, die sich selbst eher in der Mitte als rechts sehen. Es ist Zeit für einen SPD-Reboot. Breymaier hat begriffen, dass es gilt, die Herzen zu gewinnen, ein inneres Bedürfnis zu entzünden, die Welt zu einem besseren Ort machen zu wollen.
12 Kommentare verfügbar
Heinz Greiner
am 27.10.2016Kreisdelegierten für 2017 aufgestellt ist . Im wirtschaftlich niedergehenden Kreis brumme die Wirtschaft .
Freiheit und Solidarität…