Wir sollten uns nicht täuschen: Was da gerade weltweit geschieht, ist möglicherweise erst der Beginn eines epochalen Umbruchs. Die Verfolgten und Unterdrückten dieser Erde, aber auch all die Hungerleider und armen Schlucker werden aufbrechen und sich ihren Anteil holen. Das ist die Kehrseite der Globalisierung.
Mir scheint, die Menschheit hat nur noch ein einziges Spiel frei. Entweder lernt sie das Teilen und macht sich Teilen zum Konzept, oder dieser Planet versinkt in Chaos, Terror und Gewalt. Wenn wir die Güter dieser Welt, Arbeit und Einkommen, nicht miteinander teilen, wird uns die Armut wie ein Tsunami überrollen. Der schert sich einen Teufel um Obergrenzen. Nur eine neue Weltformel, eben das Teilen, kann uns davor bewahren!
Der Kapitalismus spaltet die Menschheit
Was wir praktizieren, ist das genaue Gegenteil. Die kapitalistischen Länder sind keine Unschuldslämmer. Sie haben das mitverursacht, was sie nun als "Flüchtlingskrise" beklagen: Der Kapitalismus spaltet die Menschheit immer mehr in Arm und Reich. Ihm ist es noch nie um "gutes Leben für alle" gegangen, um Beteiligung und Entwicklung, sondern um die pure Gier, die Mehrung der Renditen. Der Kapitalismus ist nicht willens und in der Lage, die primitivsten Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen: Nahrung, Kleidung, Wohnung. Daher ist er mitverantwortlich für den Aufruhr in der Welt und die Flüchtlingsströme. "Diese Wirtschaft tötet", sagt der Papst, und ich pflichte ihm bei.
Wie Blutsauger machen sich die Konzerne unter den Augen ihrer Regierungen über die armen Länder her, plündern ihre Rohstoffe, fischen ihre Meere leer und verwandeln blühende Landschaften in stinkende Müllkippen. Wir überfluten die Agrarmärkte in Afrika mit Billigimporten aus Europa, liefern Tomaten und Hähnchenteile – und rauben den Menschen ihre Existenzgrundlage. Sie müssen fliehen, um nicht zu verhungern.
Und nun überziehen wir die Welt auch noch mit dubiosen Handelsabkommen wie CETA und TTIP. Diese Handelsblöcke werden den "Drittländern" noch vollends den Hals abschnüren. Erst wenn wir anders wirtschaften, solidarisch wirtschaften, die Güter dieser Welt miteinander teilen, ein gemeinsames Sozialprodukt für alle erstellen und gerecht verteilen, werden die Flüchtlingsströme versiegen.
Nun aber ist es das Gebot der Stunde, dass wir die Flüchtlinge annehmen, aufnehmen, ihnen Schutz gewähren und eine menschwürdige Zukunft eröffnen. Und deshalb appelliere ich an alle Friedensfreundinnen und -freunde:
- Wir sehen nicht länger zu, dass Tausende im Mittelmeer ertrinken, anrennen müssen gegen Mauern und Stacheldraht, in schlammigen Lagern erbärmlich verelenden. Wir fordern sichere Fluchtwege und keine faulen Deals mit Menschenrechtsverächtern. Wir fordern Europa auf, sich endlich solidarisch zu zeigen und die Verweigerer zu sanktionieren.
- Den Flüchtlingen aber kommen wir entgegen: Wir nehmen euch hier in Schutz, wir nehmen euch in unsere Mitte. Wir respektieren euch und eure Würde.
- Wir kämpfen gegen die Nationalisten und Rassisten und gegen die AfD, in deren scheinbar bürgerlichem Schutzmäntelchen sie sich nun verstecken.
Im Tagebuch des unvergessenen Rudi Dutschke fand man an Ostern 1963 diese Notiz (sie kommt im damaligen Soziologen-Deutsch etwas verschwurbelt daher):
"Jesus ist auferstanden, Freude und Dankbarkeit sind die Begleiter dieses Tages; die entscheidende Revolution der Weltgeschichte ist geschehen, die Revolution der Welt durch die alles überwindende Liebe. Nähmen die Menschen voll die offenbarte Liebe an, die Wirklichkeit des Jetzt, die Logik des Wahnsinns könnte nicht mehr weiterbestehen."
Ja – mit dieser Revolution hätte der Wahnsinn ein Ende! Schließt euch heute noch den "Aufständischen" an. Revolutionieren wir die Welt durch die Liebe. Ich bin überzeugt: Je höher der "Sättigungsgrad" an Verständnis, Solidarität, Barmherzigkeit, desto weniger Raum bleibt für den Hass, den Terror und den Krieg.
6 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 04.04.2016http://www.nachdenkseiten.de/?p=32627