Nett und einladend soll es sein, sagt Gari Pavković. Ein Eingangsbereich mit Café, keine Schlangen, keine Nummern, bloß keine Behördenatmosphäre entstehen lassen. Ein Ort, an den man gerne kommt. Pavković ist seit 13 Jahren Integrationsbeauftragter der Stadt Stuttgart, der erfolgreichste Deutschlands, findet die Wochenzeitung "Die Zeit". Als Zehnjähriger kam er 1969 aus dem damaligen Jugoslawien nach Deutschland, heute erarbeitet er das Konzept für das Stuttgarter Willkommenszentrum, das im Juli im Alten Waisenhaus am Charlottenplatz eröffnet werden soll. Der Auftrag kommt von Stuttgarts grünem Oberbürgermeister Fritz Kuhn, das Geld zum größten Teil vom Wirtschaftsministerium.
Dessen Chef Nils Schmid (SPD) will in elf Orten Baden-Württembergs diese Welcome Center errichten lassen, für 1,9 Millionen Euro. Unter anderem in Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Reutlingen und Heidelberg. Mittelständische Betriebe auf der Suche nach Fachkräften sollen hier fündig werden. Der Sozialdemokrat will eine "echte Willkommenskultur".
Da ist er nicht der Einzige. Ausgerufen von der Politik aller Schattierungen, gefordert von der Wirtschaft, die händeringend nach Fachkräften sucht – Willkommen ist in. Das klingt gut. Aber wer wird hier eigentlich so freudig empfangen, und wie?
Unterteilung in nützliche und unnütze Einwanderer
Eines dieser Zentren steht seit 2007 in Hamburg. Hier gibt es nicht nur Unterstützung bei der Suche nach Wohnung und Kitaplatz, die Einrichtung ist im Prinzip eine Ausländerbehörde, nur ohne Warten. "What can I do for you?", die freundliche Begrüßung auf Englisch, nicht wie üblich auf Deutsch. Willkommensservice. Den gibt es aber freilich nicht für jeden. Auf der gemütlichen Sofaecke dürfen nur Hochqualifizierte Platz nehmen, Jahreseinkommen mindestens 30 000 Euro. Um alle anderen Migrantinnen und Migranten kümmert sich weiter die zentrale Ausländerbehörde.
Mit den Welcome Centern ist der Trend der Zweiklasseneinwanderung nun auch in behördlichen Strukturen festgeschrieben. Für Hochqualifizierte werden die Ausländerbehörden zu Wohlfühlorten, für alle anderen gilt weiter die Devise: Anreize zur freiwilligen Heimreise schaffen.
Auf scharfe Kritik stößt diese Trennung bei Rolf Graser. "Eine Unterteilung der Einwanderer in nützliche und unnütze ist menschenverachtend", sagt der Geschäftsführer des Forums der Kulturen, des Dachverbands der migrantischen Vereine in Stuttgart. Diese Denke stehe im krassen Widerspruch zu den Menschenrechten, mit denen sich unsere Gesellschaft so gerne schmücke.
Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn will kein Zweiklassen-Willkommen, zumindest nicht in der scharfen Form. Aber der Hauptteil des Geldes kommt vom Wirtschaftsministerium (260 000 Euro), allerdings nur für die Fachkräfte. Die Stadt legt 50 000 Euro drauf, damit alle anderen auch willkommen sind. Aber auch der Antrag des Rathauschefs im Gemeinderat konzentriert sich im Wesentlichen auf die Rekrutierung von Fachkräften. Diese gelte es "schnell zu integrieren und in Stuttgart längerfristig zu halten", heißt es dort. Dazu passt auch der einzige Vortrag bei der Auftaktveranstaltung für das Willkommenszentrum vergangenen Dezember im Rathaus. Er kam vom Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, Walter Rogg. Vor dem Hintergrund der knappen Mittel müsse man aufpassen, "dass das nicht zu einem reinen Fachkräfte-Zentrum wird", warnt Rolf Graser.
Wartekultur statt Willkommenskultur
Anders in Heidelberg. Hier zieht die Ausländerbehörde gleich mit ein. Carola de Wit leitet die Behörde in Heidelberg, bei ihr stehen die Menschen oft bis ins Treppenhaus. Wartekultur statt Willkommenskultur. Das ändere sich jetzt, sagt sie. Am Ort dieser Veränderung ist es noch laut. Die Luft ist staubig, es riecht nach Holz. Der Landfriedkomplex, eine alte Tabakfabrik, befindet sich noch im Umbau.
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Ratloser
am 15.04.2014