Hinsichtlich der Soli-Erklärung von Abgeordneten hat Wanke eine gespaltene Einstellung. "Das ist schon gut, aber ein großes Unternehmen scheint das aussitzen zu können." Er habe gehofft, dass Edeka nun den Betriebsrat gesetzeskonform einbindet. "Aber egal, was wir machen, wir werden weiter missachtet."
Politisch wünscht sich der Gesamtbetriebsratschef klarere Regeln für Unternehmen. "Zum Beispiel muss die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen erleichtert werden. Gerade im Einzelhandel verstehe ich nicht, dass das nicht klappt." Er weiß, dass diese Forderung in einigen Wahlprogrammen steht und zwar in denen von Linken, SPD und Grünen. "Wenn ich auch wüsste, dass das umgesetzt würde …. Aber so ein Wahlprogramm ist ja schnell geschrieben."
Tarifbindung bröckelt, Politik versagt
Entsprechend der Wahlprogramme liest sich die Unterschriftenliste der Soli-Erklärung: Abgeordnete der Linken, der SPD und der Grünen haben unterzeichnet. Von der FDP sowieso niemand, weil die Partei sich nicht für ArbeitnehmerInnen interessiert. Es ist auch keinE AbgeordneteR von CDU/CSU dabei, hier stehen nur zwei Namen von der CDA (Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft), die traditionell wenig zu sagen hat in den Unionsparteien. Die CDU sei aber angesprochen worden, sagt Jessica Tatti, Bundestagsabgeordnete der Linken aus Reutlingen, die die Soli-Erklärung maßgeblich initiiert hat. Sie hofft, dass Edeka jetzt mehr Zugeständnisse macht und fairen Bedingungen für die Beschäftigten beim Verkauf zustimmt. "Es ist zu einfach in diesem Land, sich mit dem Verkauf von Betriebsteilen der Tarifbindung zu entledigen. Die Beschäftigten zahlen dabei die Zeche und das ist nicht fair." Ihre Partei würde das ändern, ähnlich steht´s auch bei der SPD und bei den Grünen im Programm.
Bei den Grünen hat die Reutlinger Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke das Thema K&U übernommen. Sie ist Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte ihrer Fraktion und für eine Stärkung der Tarifbindung. "Wenn durch die Zerschlagung, wie im vorliegenden Fall, tausende Beschäftigte auf einmal ihren Tarifvertrag und möglicherweise auch die betriebliche Mitbestimmung (also Betriebsrat, die Red.) verlieren, dann ist das höchst beunruhigend", schreibt sie auf Kontext-Anfrage. Um dieser Tarifflucht entgegenzutreten, fordert Müller-Gemmeke, "dass bei der Übernahme eines Unternehmens mit Tarifvertrag, die bestehende Tarifverträge für die Beschäftigten so lange gelten bis es im neuen Betrieb einen neuen Tarifvertrag gibt". Die SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast aus Pforzheim wurde zu dem Thema ebenfalls angefragt, antwortete aber nicht.
Für die Frauen gibt es nichts
Sowohl Linke als auch Grüne haben in den vergangenen Monaten zur erleichterten Allgemeinverbindlichkeit Anträge in den Bundestag eingebracht. Beide wurden von der Regierungsmehrheit aus Unionsparteien und SPD sowie erwartungsgemäß von FDP und AfD abgelehnt. Die SPD verwies in den Ausschussberatungen darauf, dass sie das Anliegen richtig finde, sich aber in der Koalition mit der CDU nicht durchsetzen könne. Bis also Politik sich für die Rechte von ArbeitnehmerInnen einsetzt, dürfte noch einige Zeit ins Land gehen. Umso mühsamer bleibt der Kampf von Gewerkschaften, Betriebsräten und Beschäftigten.
Alexander Münchow von der NGG verhandelt mit Edeka-Südwest aktuell nicht nur darüber, welche tariflichen Rechte K&U-Beschäftigte noch haben, wenn sie zu Edeka-Kaufleuten gehen, beziehungsweise wie hoch die Abfindungen sind, wenn sie ablehnen. Die NGG befindet sich zusätzlich noch in einer Tarifauseinandersetzung übers Gehalt für die K&Ulerinnen. "Kürzlich haben wir einen Abschluss in der Brotindustrie hinbekommen: 4,6 Prozent in zwei Jahresschritten. Das gilt auch für Bäckerbub, der Edeka-eigenen Bäckerei. Dort gab es übrigens auch einen Corona-Bonus und dort arbeiten vor allem Männer. Aber den K&U-Frauen will Edeka weder einen Coronabonus noch eine Gehaltserhöhung geben."
Die Frage von Kontext an Edeka Südwest, warum den K&U-Verkäuferinnen keine Coronaprämie bezahlt wurde, ließ das Unternehmen übrigens ebenfalls unbeantwortet.
1 Kommentar verfügbar
A.Jooß
am 09.12.2021