Die größten Lücken sind dort, wo Vater und Tochter immer gestanden sind. Links hinten an der Wand, in der Kinder- und Jugendbuchecke. Verschwunden sind Jim Knopf und Ronja Räubertochter, Nils Holgersson und Oksa Pollok. Alle verkauft, weil es 20 Prozent Rabatt gibt. Quenzer macht zu, einen Tag vor Heiligabend ist Schluss. Und Vater und Tochter sind traurig, weil der junge Quenzer, der auch schon 49 ist, keine Bücher mehr empfehlen und auch keinen rotlackierten Holztraktor mehr verkaufen wird, auf dem Rico, der Tiefbegabte, weg geschmökert werden kann. "Bei Quenzer habe ich die besten Bücher gekriegt", sagt die Tochter. Ihr Mann des Vertrauens könnte als Lukas der Lokomotivführer durchgehen. Mit seinem Bart und seiner Statur.
41 Jahre hat die Familie durchgehalten. An der Olgastraße 69, einer ziemlich gesichtslosen Adresse zwischen Fitness, Wellness, E-Zigarette und Döner, an der heute Fritz Kuhn auf dem Weg ins Amt vorbeieilt. Jeden Morgen um acht. Vater Gert, erzählt Sohn Thiemo, habe den Ort bewusst gewählt. Keine Königstraße, keine 1-A-Lage, sondern ein Laden an einer Durchgangsstraße, die Drogen und Sex im Angebot hatte, damals in den Siebzigern. Das Puffviertel ist nicht weit. Gert Quenzer wollte hier eine literarische Buchhandlung haben, aber er hat auch Murmeln für einen Pfennig an Kinder verkauft. Für ein kleines Glück im Vorbeigehen. Als Lektor beim Klett-Verlag, dem er den High-Fantasy-Klassiker "Herr der Ringe" lektoriert hat, war Quenzer-Senior, würde man heute sagen, breit aufgestellt.
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Philippe Ressing
am 22.12.2017