Mit "Kommt einfach gut an!", wirbt die BW-Post, Briefe und Schreiben im Blick, die mit ihr ausgeschickt werden sollen. Weniger gut scheint es um das Betriebsklima bei dem privaten Postdienstleister bestellt zu sein: Die Geschäftsführung des Esslinger BW-Post-Depots versucht gerade den Betriebsratsvorsitzenden zu feuern. Angeblich soll er gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen haben. Doch die fristlose Kündigung konnte das Unternehmen bislang nicht aussprechen. Das Betriebsratsgremium verweigerte die notwendige Zustimmung. Auch vor Gericht, wo die BW-Post eine sogenannte Zustimmungsersetzung erreichen will, droht eine Schlappe: Während der mündlichen Verhandlung am vergangenen Dienstag sah der Richter "erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit" einer fristlosen Kündigung. Eine Pflichtverletzung des Mitarbeiters sei nicht zu erkennen. Das Urteil soll Ende Juni fallen.
Als wahren Kündigungsgrund vermutet die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi einen Streit über den Mindestlohn. Derzeit überarbeitet die BW-Post-Dependance die Betriebsvereinbarung, in der die Arbeitszeit der Zusteller definiert ist. Dies verlangt das Mindestlohngesetz, das seit Anfang 2015 auch bei privaten Postdienstleistern mindestens 8,50 Euro Stundenlohn vorschreibt. Die Vereinbarung soll sicherstellen, dass der Mindestlohn nicht nur auf dem Gesetzespapier steht. In anderen Niedriglohn-Branchen wurde bereits versucht, ihn trickreich zu unterlaufen. Etwa durch ein größeres Arbeitspensum, das sich nicht in der vereinbarten Arbeitszeit erledigen lässt.
Die Geschäftsführung will sich nicht äußern
Offenbar haben Geschäftsführung und Betriebsrat im Esslinger BW-Post-Depot unterschiedliche Vorstellungen, was die tatsächlich notwendige Arbeitszeit der Briefzusteller betrifft. "Die Leute sind in einigen Zustellstellbezirken wesentlich länger unterwegs als in den Arbeitsverträgen vereinbart", sagt Engelbert Reck, der für Postdienste zuständige Verdi-Sekretär in Stuttgart. Auf Kontext-Nachfrage wollte sich Eyüp Günes, Geschäftsführer der Esslinger BW-Post, nicht zum Sachverhalt äußern.
Abweichungen bei der Arbeitszeit können die Lohnkosten der Postbranche erheblich beeinflussen, denn die Briefzustellung ist sehr personalintensiv. Landesweit sollen rund 2000 Mitarbeiter werktäglich für die BW-Post unterwegs sein. In der Esslinger Dependance tragen etwa 160 Zusteller Briefe aus. Gegen ein zu straffes Zeitdiktat, das unter Umständen den Mindestlohn aushebelt, soll sich der von Kündigung bedrohte Betriebsratsvorsitzende in Esslingen gewehrt haben.
2 Kommentare verfügbar
Barolo
am 09.03.2016Aber erstmal danke, daß Kontext dieses von den MSM verheimlichte Thema aufgreift.
Ein Mindestlohn der den Namen verdient hat, kann eigentlich nur einer sein, bei dem der Staat (also wir Steuerzahler) nichts mehr zuschiessen muss.
Kann mir mal…