Während des Erörtungsverfahrens zum Planfeststellungsabschnitt 1.3 von Stuttgart 21 waren Kontroversen programmiert. Auf der einen Seite die "Vorhabenträgerin" Deutsche Bahn, die nach zwölf Jahren endlich ihre Antragstrasse zur Anbindung des Stuttgarter Flughafens an das Milliardenprojekt genehmigt bekommen will. Gegen die Pläne des Staatskonzerns argumentierten einträchtig Anrainerkommunen und Anwohner. Sie sehen im komplexen Teilabschnitt viel Geld für wenig Nutzen verbuddelt, aber umso mehr Nachteile auf sich zukommen. Zum Lager der Gegner zählt auch Leinfelden-Echterdingens Oberbürgermeister Roland Klenk, seit ein Gutachten der Technischen Universität Dresden dem beantragten "Mischverkehr" von Fernzügen und S-Bahnen auf der Antragstrasse – konkret: auf der bestehenden S-Bahn-Strecke – verheerende Folgen für den Schienenverkehr in der Region Stuttgart prognostiziert.
Erstaunlich ruhig im Trubel der zweiwöchigen Veranstaltung blieb es seitens des Airports, um dessen Interessen es im umstrittenen Bauabschnitt vor allem geht. Von Flughafendirektor Georg Fundel, stets ein Fürsprecher des umstrittenen Milliardenprojekts, war nur ein kurzes Presse-Statement zu vernehmen. "Unser Interesse als Flughafen ist, nicht noch weitere Verzögerungen zu erleben, und dass der Bau zügig über die Bühne geht", sagte der Manager mit Professorentitel der "Stuttgarter Zeitung". Übersetzt: Bitte nicht nochmals über alternative Trassenvarianten diskutieren. "Schließlich wollen wir von den 359 Millionen Euro, die wir für S 21 bezahlen, auch irgendwann etwas haben", so Fundels Begründung.
Die im Laufe der Erörterung erneut deutlich gewordenen Schwachpunkte der Bahnplanungen scheinen das Flughafendirektorium nicht zu interessieren. "S 21 sichert den Passagieren des Flughafens die Anbindung an das Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Bahn sowie eine verbesserte Erreichbarkeit aus der Region. Im anstehenden Planfeststellungsverfahren werden die Pläne überprüft werden", ließ Fundel auf Kontext-Nachfrage über seinen Pressesprecher mitteilen.
Dabei braucht sich der Flughafenchef nicht so bescheiden zu geben. Denn bereits seit Jahren kassiert die Deutsche Bahn kräftig bei der staatlich dominierten Flughafengesellschaft (FSG) ab. Freilich ohne dem Airport bislang eine greifbare Gegenleistung zu bieten. Grundlage dieses Geschäftsgebarens sind verschiedene Finanzierungsvereinbarungen, die die frühere CDU-/FDP-Landesregierung unter Ministerpräsident Günther H. Oettinger mit dem staatlichen Transportkonzern abschloss. Mit Geldtransfers konnte es dabei offenbar nicht schnell genug gehen, um das (damals verloren gegangene) Interesse der Bahn an dem wirtschaftlich riskanten Projekt wieder "einzukaufen". So musste die FSG bereits im Jahr 2008 der Bahntochter DB Netze auf einen Schlag 112,2 Millionen Euro überweisen – obwohl der eigentliche Finanzierungsvertrag für das Milliardenprojekt erst am 30. März 2009 offiziell besiegelt wurde.
Für die FSG hatten der Geldabfluss Folgen: Es klaffte plötzlich ein Loch in der Kasse. Ungeachtet eines operativen Gewinns von 39,2 Millionen Euro, dem zweitbesten Ergebnis in der FSG-Geschichte, endete das Geschäftsjahr 2008 mit einem Bilanzminus von knapp 81 Millionen Euro. Zum überwiegenden Teil musste das Loch mit Fremdkapital gestopft werden.
Im Folgejahr blieb die FSG zwar vor weiteren Belastungen verschont. Doch kaum hatte die Bahn- und Politprominenz im Februar 2010 mit einer Prellbockanhebung symbolisch Baustart für den Tiefbahnhof gefeiert, musste auch die FSG wieder ran. Seither stottert der Flughafen weitere S-21-Raten an die DB Netz ab, derzeit jährlich 2,9 Millionen Euro. Bei der aktuellen Ertragslage, im zurückliegenden Geschäftsjahr erreichte der Gewinn nach Steuern 23,8 Millionen Euro, lassen sich die Zahlungen unter dem Stichwort "außergewöhnliche Belastungen" relativ schmerzfrei in der Bilanz verbuchen. Doch ab dem Geschäftsjahr 2017 dürfte das Milliardenprojekt den Landesflughafen tief in rote Zahlen drücken. Dann kassiert die DB Netz den Restbetrag von knapp 206 Millionen Euro in wenigen, großen Jahresraten ab. 2017 muss die FSG 45,2 Millionen Euro an die Bahntochter überweisen. Im Folgejahr ist es mit 42,3 Millionen Euro nur geringfügig weniger.
9 Kommentare verfügbar
tillupp
am 28.10.2014Vielen dank für Ihren guten Kommentar. Auch mir ist sauer aufgestoßen wie kritiklos die Medien (z.B. Mannheimer Morgen) diese Dobrindt-Polemik abgedruckt haben, ohne zu kommentieren, dass die BW-Landesregierung nur…